Umstrittener Kirchturmbau in Deutschland eröffnet
In Deutschland ist am Donnerstag ein umstrittener Kirchenbau feierlich eröffnet worden. Es handelt sich um den wiedererrichteten Turm der Garnisonkirche in Potsdam bei Berlin, die Kritikern als Symbol des preussischen Militarismus und deutschen Nationalismus gilt.
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete den Turm als Mahnung an die Demokratie. «Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten, dass dieser Ort etwas wird, was er über lange Strecken seiner Geschichte nicht war: ein Ort der Demokratie», sagte er beim Festakt.
Am 21. März 1933 wurde in dem Gotteshaus in Potsdam der erste Reichstag nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eröffnet. An diesem «Tag von Potsdam» reichte der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler vor der Garnisonkirche die Hand.
Gedenken oder Verklärung? Die Debatte geht weiter
Der Turm rufe dazu auf, zu erinnern, zu differenzieren, aber keinesfalls zu vergessen, so Steinmeier. «Jedem Versuch, deutsche Verantwortung zu leugnen, unsere Erinnerungskultur als Schuldkult zu diskreditieren, stellen wir uns entschieden entgegen. Ich sage bewusst: wir!» Steinmeier ist Schirmherr des umstrittenen Wiederaufbauprojekts.
Gegenüber dem Kirchturm protestierte die Bürgerinitiative «Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche» mit mehr als 100 Menschen gegen den Bau. Sie sieht in der Kirche ein «Wahrzeichen des Terrors» und ein Symbol des Militarismus.
Kirche mit schwieriger Vergangenheit
Die evangelische Kirche will den Neubau als Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung etablieren. Eine Ausstellung mit dem Titel «Glaube, Macht und Militär» will sich kritisch mit der Geschichte befassen.
Die Militärkirche von 1735 war im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt. Die Reste wurden 1968 auf Geheiss der DDR-Führung gesprengt.
2017 begannen die Arbeiten für den Neubau des Turms, der aussen dem historischen Original nachempfunden ist. Erste Initiativen für das Projekt liegen etwa 20 Jahre zurück. Der Turmaufbau kostete laut Stiftung Garnisonkirche rund 42 Millionen Euro, der Grossteil kam vom Bund. Ein Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist nicht vorgesehen.
Ein neues Kapitel beginnt
Von Freitag an ist der Turm für die Öffentlichkeit geöffnet. Die Aussichtsplattform in 57 Metern Höhe soll Besucher anlocken.
Noch ist der Turm nicht ganz komplett: Eine 30 Meter hohe Haube soll nach Angaben der Stiftung 2026 auf das Bauwerk kommen – dann wäre es mit 90 Metern Potsdams höchstes Gebäude.