Der Ukraine zufolge soll Russland ein Wasserwerk in Cherson vermint haben. Präsident Selenskyj warnt vor einer «menschengemachten Katastrophe».
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Andere Menschen sind ohne Strom. - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ukraine wirft Russland vor, die Region Cherson zerstören zu wollen.
  • Russische Truppen sollen den Staudamm eines Wasserwerks vermint haben.
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj warnt vor einer «menschengemachten Katastrophe».

Die Ukraine wirft Russland vor, einen Staudamm in der südukrainischen Region Cherson zerstören zu wollen. Nach Angaben der Regierung in Kiew haben russische Truppen den Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka vermint. Mit einer Flutwelle will Russland eine ukrainische Gegenoffensive in Cherson stoppen.

Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte am Donnerstagabend vor «einer Katastrophe grossen Ausmasses». Im Falle eines Dammbruchs seien hunderttausende Menschen am Fluss Dnipro in Gefahr.

«Menschengemachte Katastrophe»

«Russland bereitet eine menschengemachte Katastrophe vor», sagte Selenskyjs Berater Mychailo Podoljak. Russland vermine den Damm und Transformatoren des Kraftwerks, um einen Dammbruch und eine Flutwelle zu verursachen. Das Ziel sei, den ukrainischen Vormarsch zu stoppen.

In einer Videoansprache sagte Selenskyj, eine Unterbrechung der Wasserversorgung in der Südukraine würde auch das Kühlsystem des Atomkraftwerks Saporischschja beeinträchtigen. Im Falle einer Zerstörung des Staudamms würde zudem «der Nord-Krim-Kanal einfach verschwinden». Dieser versorgt die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim mit Wasser.

Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält eine Rede während einer Ordensverleihung an Soldaten. - sda - Keystone/APA Images via ZUMA Press Wire/President Of Ukraine

Der Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka liegt am Dnipro in der Region Cherson. Das Gebiet wird derzeit von russischen Truppen kontrolliert und wurde von Moskau annektiert. Angesichts der vorrückenden ukrainischen Truppen hatte die Besatzungsverwaltung am Mittwoch mit ihrem Rückzug aus der Stadt Cherson und der «Evakuierung» von Zivilisten begonnen.

Inzwischen seien 15'000 Menschen ans linke Ufer des Dnipro gebracht worden, erklärte der Verwaltungsvertreter Kirill Stremussow. Kiew verurteilt das Vorgehen als «Deportation» von Zivilisten nach Russland.

Ukraine muss Strom sparen

Nach zahlreichen russischen Angriffen auf die Strom-Infrastruktur im Land sind die Ukrainer seit Donnerstag zum Stromsparen aufgerufen. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko bat die Bewohner der Hauptstadt, zwischen 7 und 23 Uhr keine grösseren Elektrogeräte zu nutzen. Selbst eine kleine Energieeinsparung in jedem Haushalt werde dabei helfen, den Betrieb des ukrainischen Energiesystems zu stabilisieren, erklärte er.

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Die Region Cherson wird aktuell noch von Russland kontrolliert. - keystone

In einer Videoansprache beim EU-Gipfel in Brüssel warf Selenskyj Russland vor, die Energie-Infrastruktur seines Landes in ein «Schlachtfeld» verwandelt zu haben. Russland löse dadurch eine neue Flüchtlingswelle in die EU-Länder aus. Moskau verfolge damit die Absicht, der Ukraine im Herbst und Winter Strom- und Heizprobleme zu bescheren. Und «so viele Ukrainer wie möglich in Ihre Länder zu schicken», sagte Selenskyj an die EU-Staaten gerichtet.

Der ukrainische Staatschef forderte die EU-Länder auf, Kiew mit mehr und ausgefeilteren Luftabwehrsystemen auszustatten. Moskau soll gleichzeitig mit weiteren wirtschaftlichen Sanktionen belegt werden. «Wir haben von Deutschland bereits ein sehr effektives Iris-T-System erhalten», sagte Selenskyj.

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Die Stadt Cherson liegt direkt am Fluss Dnipro. (Archiv) - Keystone

«Ich danke dem Herrn Bundeskanzler dafür.» Die Ukraine brauche aber noch mehr Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsysteme, «um einen wirklich zuverlässigen Luftschutzschild zu schaffen».

Iran involviert

Die USA warfen unterdessen dem iranischen Militär vor, Russland von der Krim aus bei Drohneneinsätzen unterstützt zu haben. «Unserer Einschätzung nach waren iranische Militärs auf der Krim vor Ort und haben Russland bei diesen Operationen unterstützt.» Dies sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, vor Journalisten. Die Iraner würden die Russen ausbilden und technisch unterstützen, während Russen die Drohnen steuerten.

John Kirby
John Kirby, Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, äussert sich zum Einsatz iranischer Drohnen auf russischer Seite im Krieg gegen die Ukraine. (Archivbild) - Michael Brochstein/ZUMA Press Wire/dpa

«Teheran ist jetzt direkt vor Ort involviert», sagte Kirby weiter. Teheran liefere Russland zudem Waffen, die «Zivilisten und zivile Infrastruktur in der Ukraine» träfen. Die USA würden daher weiterhin alle Sanktionen gegen den Waffenhandel Russlands und des Iran durchsetzen.

Wegen der Lieferung iranischer Drohnen an Russland hatte zuletzt auch die EU ihre Sanktionen gegen Teheran verschärft. Die Ukraine hat im vergangenen Monat nach eigenen Angaben mehr als 230 iranische Drohnen über dem Land abgeschossen. Der Kreml bestreitet den Einsatz iranischer Drohnen in der Ukraine.

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