Experten sind sich einig darin, wer ein grösseres Interesse an der Damm-Sprengung gehabt hätte. Russland hätte die Routen der Ukrainer unterbrechen können.
Ukraine Krieg
Viele Dörfer in der Region Cherson stehen nach der Damm-Teilzerstörung unter Wasser. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ukraine und Russland schieben sich gegenseitig die Schuld für die Damm-Sprengung zu.
  • Experten sind sich einig, wer ein grösseres Interesse an der Sabotageaktion gehabt hätte.
  • Die Ausweitung des Dnjepr-Flusses könnte aber trotzdem Vorteile für die Ukraine bringen.
Ad

Die Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms hat nicht nur Hunderttausende Menschen in der Südukraine in Not gebrach. Sondern behindert auch Militäroperationen und Vorstösse entlang der Front im Ukraine-Krieg. Und zwar für beide Seiten.

Noch immer ist unklar, wer den Damm zum Einsturz gebracht hat und wie. Westliche Militärexperten sind sich allerdings relativ einig darin, wer ein grösseres Interesse an einer solchen Sabotageaktion gehabt hätte.

Verfolgen Sie das Geschehen im Ukraine-Krieg?

«Es ist wirklich schwer zu erkennen, welchen strategischen Nutzen die Ukraine hier hätte. Sie hätten die Brücke und die Strasse abgeschnitten und die Rückeroberungen ihrer Gebiete langfristig erschwert», sagt Sicherheitsexpertin Patricia Lewis gegenüber dem «Spiegel».

Für Russland hingegen bestehe der unmittelbare Vorteil darin, dass die Verbindungsrouten für die ukrainischen Streitkräfte unterbrochen sind. «Sollte Russland nicht vorhaben, langfristig dort zu bleiben – etwa weil sie glauben, dass sie diese Schlacht nicht gewinnen werden – dann würden sie der Ukraine dieses langfristige Übel hinterlassen.»

Lewis meint, dass sie sich deshalb durchaus vorstellen könne, dass der Dammbruch im Moment eher für Russland ein Vorteil sei und warnt: «Falls Russland es getan hat, werden sie auch weiter ähnliche Dinge tun. Sie haben in diesem Krieg immer wieder kritische Infrastruktur angegriffen. Das ist also Teil eines Musters.»

Dnjepr-Ausweitung ein Vorteil im Ukraine-Krieg?

Unkontrollierte Wassermassen, die als Kriegswaffe eingesetzt werden, ist nur eine mögliche Erklärung für den Dammbruch. Nach wie vor ist nämlich unklar, ob ein solche Ausmass der Zerstörung überhaupt gewollt war. Auch Angriffe auf den Damm in den vergangenen Monaten im Ukraine-Krieg könnten dessen Struktur beschädigt und zum Bruch geführt haben.

Der Kreml behauptet währenddessen weiterhin, dass ukrainische Truppen die Anlage beschossen hätten. Die Ukraine aber beschuldigt Russland, den Damm gezielt gesprengt zu haben. Auch wenn viele Experten nicht von einer Operation unter falscher Flagge ausgehen, könnte die Ausweitung des Dnjepr-Flusses trotzdem Vorteile für die Ukraine bringen.

Ukraine Krieg Damm
Die Satellitenbilder zeigen den Kachowka-Staudamm vor- und nach der Sprengung. Das obere Foto zeigt die Situation nach der Flut.
Cherson Ukraine Krieg
Die Einsatzkräfte stehen in Cherson nach dem Damm-Bruch im Dauereinsatz.
Ukraine Krieg Damm Cherson
Weite Teile der Stadt Cherson stehen unter Wasser.
Ukraine Krieg Damm Cherson
Noch ist unklar, wer für den Damm-Bruch verantwortlich ist.
Ukraine Krieg Damm Cherson
Russland gibt der Ukraine die Schuld, die Ukraine macht Russland verantwortlich.
Ukraine Krieg Damm Cherson
Riesige Mengen Wasser haben nach der Damm-Sprengung in der Südukraine das Gebiet von Cherson überflutet. Hunderttausende Menschen sind betroffen, es droht eine Umweltkatastrophe.

Sicherheitsexperte Maciej Matysiak: «Mindestens einen Monat lang ist dieses Gebiet von schwerem Gerät nicht passierbar. Gleichzeitig schützt diese Flanke die Ukrainer, denn während der erwarteten Offensive der ukrainischen Armee werden die Russen nicht in diesem Gebiet operieren können.» Kiews Streitkräfte könnten sich somit auf ihre Offensive im Ukraine-Krieg an anderen Frontabschnitten weiter im Osten konzentrieren.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SpiegelKremlSchweizer ArmeeUkraine KriegKrieg