Die Folgen des Passivtrinkens sollen bisher zahlenmässig unterschätzt worden sein. Auch Nicht-Trinker leiden oft unter den Folgen von Alkoholkonsum.
12.650 Babys kamen 2014 geschädigt zur Welt, weil die Mütter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken hatten. Foto: Maurizio Gambarini
12.650 Babys kamen 2014 geschädigt zur Welt, weil die Mütter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken hatten. Foto: Maurizio Gambarini - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr Personen als angenommen werden passiv Opfer von Alkoholkonsum.
  • Zahlreiche Menschen sterben jährlich wegen betrunkenen Fahrern.
  • Viele leiden unter den Folgen von Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft.

Wenn Frauen in der Schwangerschaft trinken, kann das schwere Behinderungen beim Kind nach sich ziehen. Einer Münchner Studie zufolge wurden die Folgen des Passivtrinkens bisher zahlenmässig unterschätzt. Aber nicht nur Babys werden Opfer des Alkoholmissbrauchs anderer.

Mit dem «Passivtrinken» befasst sich eine Studie des (IFT), die nun im Fachmagazin «BMC Medicine» veröffentlicht wurde.

Im Jahr 2014 kamen in Deutschland 12'650 Babys mit einer Fetalen Alkoholspektrumstörung (FASD) zur Welt. Darunter knapp 3000 mit einem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS) als volle Ausprägung der Störung. Die Wissenschaftler um Ludwig Kraus schätzten diese Zahlen auf Grundlage von internationalen Übersichtsstudien.

Fehlbildungen wegen Alkohol während der Schwangerschaft

Die Kinder sind teils kleinwüchsig und haben Fehlbildungen im Gesicht. Ihre motorischen Fähigkeiten sind eingeschränkt, sie zeigen Störungen im Verhalten, bei den Gedächtnisfunktionen, bei Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit. Alkoholkonsum stelle auch für unbeteiligte Dritte eine Gefahr dar, folgert Kraus. «Das ist analog zum Passivrauchen.»

Neben den internationale Übersichtsstudien wurde eine Untersuchung des Robert Koch-Instituts in Berlin ausgewertet, die auf Befragungen von Müttern beruhte. Demnach wurden von 10'000 Kindern 177 mit FASD geboren. Das rechneten die Forscher auf die Zahl von 715'000 Geburten in Deutschland um.

«Für Deutschland wurden die Zahlen bisher unterschätzt», sagte Kraus. Die Zahl der Betroffenen sei schwer zu erfassen, da die Entwicklungsschädigungen oft erst später festgestellt würden.

Wissenschaftler fordert mehr Prävention

«Es gibt viele Fälle, die nicht erkannt sind. Viele Kinder haben die Störungen, aber sie sind nicht als solche diagnostiziert», sagte Kraus. Es sei nicht von steigenden Fallzahlen auszugehen, da der Alkoholkonsum in Deutschland eher abnehme, sagte Kraus. Dennoch forderte er mehr Prävention.

Für alkoholisierte Autofahrer müsse es empfindlichere Strafen geben, sagte Kraus weiter. Verkehrskontrollen müssten intensiviert werden. Von 2675 Menschen, die 2014 unverschuldet im Strassenverkehr starben, wurden 1214 Opfer von Alkoholfahrten, meist als Beifahrer oder Fussgänger.

Auch Gewalttaten würden vielfach unter Alkoholeinfluss begangen. Von 368 Tötungen waren in 55 Fällen die Täter alkoholisiert. In Fällen, in denen Täter schon als gewaltbereit bekannt seien, könne mit Therapie Prävention betrieben werden.

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