Studie: Betriebe und Azubis finden immer seltener zusammen
Unattraktive Jobs, ungeeignete Bewerber oder schlicht eine Frage der Mobilität: Ausbildungsbetriebe und Azubis finden einer Studie zufolge immer schwieriger zusammen.

Das Wichtigste in Kürze
- Unzufriedenheit mit Beruf oder Bewerbern sowie Mobilität sind die Hauptprobleme.
Im vergangenen Jahr suchten 79.000 Jugendliche erfolglos eine Lehrstelle, obwohl es 58.000 unbesetzte Ausbildungsplätze gab und damit dreimal so viele wie 2009, heisst es in einer von der Bertelsmann Stiftung unterstützten Untersuchung. Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nahm die Betriebe in die Pflicht.
Erstellt wurde der am Mittwoch vorgestellte Ländermonitor berufliche Bildung von der Uni Göttingen und dem Soziologischen Forschungsinstitut in Göttingen. Sie untersuchten die Situation der beruflichen Bildung in jedem einzelnen Bundesland und fokussierten sich auf die Passungsprobleme - also das Phänomen, dass es gleichzeitig etliche unbesetzte Stellen und Azubis auf Lehrstellensuche gibt.
Der Studie zufolge gibt es nun mehrere Gründe dafür, dass beide Seiten nicht zusammenkommen: So gibt es für 44 Prozent der unbesetzten Stellen zwar interessierte Jugendliche, der Betrieb hält aber entweder die Bewerber nicht für geeignet oder ist für die angehenden Azubis «nicht attraktiv genug», heisst es in den Ergebnissen der Untersuchung.
Für rund ein Drittel der unbesetzten Stellen gibt es den Angaben zufolge keine Bewerber für den angebotenen Ausbildungsberuf - etwa in Branchen wie dem Lebensmittelhandwerk und im Hotel- und Gastronomiegewerbe. Bei knapp einem Viertel der unbesetzten Stellen liegt das Problem bei der fehlenden Mobilität, weil Ausbildungsbetriebe und Bewerber in unterschiedlichen Regionen sind. Besonders davon betroffen seien Bayern und Sachsen.
«Erfreulicherweise werden wieder mehr Ausbildungsplätze angeboten, doch zu viele davon bleiben unbesetzt», monierte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Kleinere Betriebe bräuchten deshalb Unterstützung und in unbeliebteren Branchen müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden. Nicht zuletzt müssten die Kontakte zwischen Schulen und Betrieben intensiviert werden.
Die Studie ergab auch enorme Unterschiede zwischen den Bundesländern. Im Süden und Osten der Republik gebe es einen «Überhang an Ausbildungsstellen» - so kommen etwa im bayerischen Passau auf 100 Bewerber 129 offene Stellen. Im Westen und Nordwesten Deutschlands gibt es mehr Azubis als Jobs. In Hagen in Nordrhein-Westfalen stünden für 100 Bewerber gerade einmal 80 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Auch in Berlin gibt es den Autoren zufolge ein Versorgungsproblem - dort kommen auf 100 Bewerber nur 86 Stellen.
Besonders schwierige Startbedingungen hätten Jugendliche mit Hauptschulabschluss, warnten die Autoren. Insgesamt begannen 2017 lediglich 37 Prozent von ihnen direkt nach der Schule eine duale und weitere zehn Prozent eine schulische Ausbildung. Bei Jugendlichen mit ausländischer Staatsbürgerschaft konnten nur 44 Prozent direkt eine Ausbildung beginnen - gegenüber 77 Prozent der deutschen Jugendlichen.
Karliczek sagte den Zeitungen der «Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft», Tarifpartner und Betriebe müssten «noch mehr mit attraktiven Angeboten und Ideen auf die Entwicklung in den jeweiligen Regionen eingehen». «Möglichst alle ausbildungsbereiten Betriebe sollen Auszubildende finden und möglichst alle ausbildungswilligen junge Leute einen Ausbildungsplatz.» Wichtig seien für die jungen Menschen vor allem «Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Ansehen».
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte, kein Jugendlicher dürfe verloren gehen, aber «möglichst auch kein Ausbildungsplatz». Rund zehn Prozent der IHK-Unternehmen hätten 2018 «keine einzige Bewerbung für ihre Ausbildungsplätze» erhalten. Generell seien die Chancen für Azubis auf eine Ausbildung derzeit «besser denn je». Eine Lösung könne sein, allen Jugendlichen, die zum Beginn des Ausbildungsjahres noch keine Lehre hätten, drei Angebote auf Ausbildung zu unterbreiten und auf «Flexibilität» zu setzen.