Ridley Scott: «The Last Duel» überrascht mit viel Aktualität
Der Historienfilm «The Last Duel» von Ridley Scott spielt im 14. Jahrhundert. Dennoch spricht der Film aktuelle Themen an.

Das Wichtigste in Kürze
- Mit «The Last Duel» wagt sich Regisseur Ridley Scott an einen Ritterfilm heran.
- Doch sein Werk ist kein Historienfilm im klassischen Sinne.
- Obwohl der Streifen im Mittelalter spielt, wird unglaublich viel Aktuelles thematisiert.
Ein Ritterfilm, jetzt, im Jahr 2021 - brauchen wir das wirklich? Tatsächlich könnte man im ersten Moment Zweifel haben, wenn man von Ridley Scotts «The Last Duel» hört.
Ridley Scott: Nach Science Fiction nun Ritterfilm
Der Regisseur, der schon so erfolgreiche Kinohits wie «Alien» und «Blade Runner» drehte, versucht sich nun an einem Ritterfilm. Doch das ist alles andere als ein klassischer Historienschinken.
Stattdessen entpuppt sich der Film über das Mittelalter als ein faszinierend aktuelles und feministisches Werk. Zudem ist dieser mit Matt Damon, Adam Driver und Ben Affleck prominent besetzt.

War es eine Vergewaltigung?
Der Anfang wirkt noch so, wie man es aus einem solchen Film durchaus erwarten könnte: Matt Damon spielt Jean de Carrouges, einen Ritter im Frankreich des 14. Jahrhunderts. Gemeinsam mit seinem besten Freund Jacques Le Gris, verkörpert von Adam Driver, zieht er immer wieder in den Krieg. Es folgen krachende Schlachtszenen, packend inszeniert.
Seine junge Frau Marguerite, gespielt von Jodie Comer, bleibt dabei zurück im burgähnlichen Anwesen. Dort wird sie eines Tages von Jacques Le Gris angegriffen. Sie will die Vergewaltigung vor Gericht bringen.

Doch so einfach ist das nicht. Eine Frau ist schliesslich Eigentum ihres Mannes. Deswegen kann nur er Anzeige erstatten. Und überhaupt: War es wirklich eine Vergewaltigung?
Verschiedene Versionen der Ereignisse
Ridley Scott erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern nacheinander in drei unterschiedlichen Perspektiven. Die erste gehört dem Ehemann Jean de Carrouges, die zweite dem mutmasslichen Vergewaltiger und die dritte dann der Frau.
Mit jeder Version werden bestimmte Ereignisse bestätigt – aber immer anders gedeutet. Das ist ein cleverer Ansatz und macht «The Last Duel» zugleich zu einem facettenreichen und komplexen Film. Selbstwahrnehmung, Geschlechterrollen und die Ausübung von Macht, all das sind Themen, die hier angesprochen werden.
Frauenpower im Mittelalter
Spannend ist bei «The Last Duel» auch der Hintergrund, basiert er doch auf einer wahren Begebenheit. Er zeige einer der ersten erfassten Fälle, in dem sich eine Frau gegen die Macht der Männer gewehrt habe. Dies sagte Ben Affleck kürzlich vor der Premiere beim Filmfestival in Venedig. Affleck schrieb gemeinsam mit Damon und Nicole Holofcener das Drehbuch.

Ausserdem wurde das titelgebende Duell das letzte in Frankreich gerichtlich angeordnete Duell. Die beiden Männer tragen daher den Kampf nach Recht und Unrecht aus. Für die Frau gibt es Gerechtigkeit also nur, wenn ihr Mann den mutmasslichen Vergewaltiger tötet.
«The Last Duel» von Ridley Scott so aktuell wie nie
Etwas irritierend sind bei der Inszenierung von Ridley Scott allerdings ganz andere Details: Affleck, der einen Grafen spielt, ist mit seltsam blondierten Haaren zu sehen. Dies, während Damon eine Vokuhila-Frisur verpasst wurde.
Abgesehen davon aber wird «The Last Duel» trotz des historischen Settings wegen seiner Themen und Inszenierung zu einem überraschend zeitgemässen Film. Beim Zuschauen muss man unweigerlich an die #MeToo-Debatte denken. Und in Verbindung damit natürlich an den Absturz zahlreicher prominenter Männer, denen sexuelle Übergriffe oder Vergewaltigungen vorgeworfen wurden. Der Film mag im Mittelalter spielen, aktuell ist er aber dennoch.