Polizist bestreitet nach tödlichem Schuss auf Kollegen in Bonn Tatablauf

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Deutschland,

Tod eines Polizisten vor Gericht: Das Landgericht Bonn versucht seit Donnerstag, die genauen Umstände des tödlichen Schusses eines Beamten auf einen Kollegen im Bonner Polizeipräsidium zu klären.

Waagschalen der Justitia
Waagschalen der Justitia - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Staatsanwaltschaft wirft Angeklagtem fahrlässige Tötung vor.

Die Schussabgabe im vergangenen November bestritt der angeklagte 23-jährige Polizist zum Prozessauftakt nicht, wohl aber den von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift geschilderten Tatablauf - und dieser dürfte für die Strafzumessung entscheidend sein.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten fahrlässige Tötung vor. Der 23-Jährige soll nach ihrer Darstellung am 26. November 2018 mit dem späteren Opfer zunächst an einem Antiamok- und Antiterrorschiesstraining auf dem Bundespolizeigelände in Sankt Augustin bei Bonn teilgenommen haben. Diese Übungen sollen mit Trainingswaffen absolviert worden sein, mit denen eine Schussabgabe nicht möglich ist - wegen ihrer roten Farbe heissen solchen Waffen bei der Polizei Rotwaffen.

Später im Bonner Polizeipräsidium soll der Angeklagte dann einen Schuss aus seiner scharfen Dienstwaffe auf seinen Kollegen abgeben haben - in der irrtümlichen Annahme, er halte noch eine Trainingswaffe in der Hand. Mit der vermeintlichen Rotwaffe soll er laut Staatsanwaltschaft zuvor auf den Nacken seines Opfers gezielt haben.

Der lebensgefährlich verletzte Polizist starb am 10. Dezember an den Folgen eines Halsdurchschusses. In seiner Aussage teils unter Tränen widersprach der 23-Jährige am ersten Prozesstag der Darstellung des Staatsanwalts. Er habe nicht absichtlich auf das spätere Opfer geschossen und dabei die scharfe mit der ungefährlichen Waffe verwechselt.

Vielmehr habe sich vor dem tödlichen Schuss die scharfe Dienstwaffe in seinem Beinholster verklemmt. Als er die Waffe überprüft habe, habe er sich wegen eines Geräuschs erschreckt und sei dabei offenbar an den Abzug gekommen. Dann habe sich unbeabsichtigt der tödliche Schuss gelöst. Der Verteidiger des Schützen betonte, sein Mandant sei daraufhin «völlig fassungslos» gewesen.

Die Antwort auf die Frage, ob der 23-Jährige nach einer Waffenverwechslung gezielt schoss oder ob sich der Schuss unbeabsichtigt löste, könnte in dem Prozess über den Grad an Fahrlässigkeit bei der Tat entscheiden, die wiederum für die Höhe der möglichen Strafe ausschlaggebend ist. Im ersten Fall hätte der Angeklagte womöglich grob fahrlässig gehandelt, was zu einer höheren Strafe führen könnte.

Der Strafrahmen bei fahrlässiger Tötung bietet den Gerichten einen weiten Spielraum: In leichteren Fällen ist eine Geldstrafe möglich, auch eine Bewährungsstrafe könnte in Betracht kommen. Die Höchststrafe allerdings beträgt fünf Jahre Gefängnis.

Am emotionalen ersten Prozesstag brach der Angeklagte während seiner Einlassung und der Befragung durch den Vorsitzenden Richter Klaus Reinhoff wiederholt in Tränen aus. Auch zwei der ersten Zeugen rangen vor Gericht um Fassung. Einem Ex-Kollegen und einer Ex-Kollegin des Getöteten mussten der Verteidiger beziehungsweise die Rechtsanwältin der Nebenkläger bei der Zeugenbefragung Taschentücher reichen.

Augenzeugen der Schussabgabe im Umkleidebereich des Bonner Polizeipräsidiums gibt es offenbar nicht, wie aus den Zeugenaussagen von insgesamt drei am ersten Prozesstag befragten Beamten hervorging. Einer der Polizisten, die sich damals in unmittelbarer Tatortnähe aufhielten, sagte allerdings aus, dass der Angeklagte nach dem Schuss gesagt habe: «Ich dachte, das wäre die Rotwaffe.»

Zugleich bestritt dieser Zeuge aber, dass er in seiner Vernehmung von einer Äusserung des Angeklagten berichtet habe, wonach dieser die Waffe an das Genick des Opfers gehalten und dann abgedrückt habe oder dass es sich gar um einen «aufgesetzten Schuss» gehandelt habe. Das habe er «zu keinem Zeitpunkt gesagt», betonte der Polizist im Zeugenstand.

Für den Prozess beraumte das Bonner Landgericht zunächst drei weitere Verhandlungstage bis zum 2. September an. Prozesse wegen fahrlässiger Tötung finden in der Regel vor Amtsgerichten statt. In diesem Fall erhob die Staatsanwaltschaft Anklage beim Landgericht, weil sie dem Verfahren besondere Bedeutung beimisst.

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