Für Victor Hugo war Architektur ein in «Stein geschriebener Gedanke». Aus seinem Haus im Exil auf der britischen Kanalinsel hat der französische Schriftsteller ein Gesamtkunstwerk geschaffen. Für mehrere Millionen Euro wurde es nun renoviert.
Das Zimmer mit Aussicht («Look-out») im Haus des französischen Schriftstellers Victor Hugo auf der Kanalinsel Guernsey. Foto: Sabine Glaubitz
Das Zimmer mit Aussicht («Look-out») im Haus des französischen Schriftstellers Victor Hugo auf der Kanalinsel Guernsey. Foto: Sabine Glaubitz - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bei klarem Wetter kann man auf die französische Küste blicken.

In der Glasveranda auf dem Dach seines Hauses in der Inselhauptstadt St. Peter Port pflegte Victor Hugo zu schreiben, im Stehen an einem der beiden herunterklappbaren Ecktische, die er entworfen hat, wie fast alles in dem Haus auf der britischen Kanalinsel Guernsey. Dort verbrachte der französische Schriftsteller, Dichter, Zeichner und Publizist (1802-1885) knapp 15 Jahre im Exil.

Für mehr als vier Millionen Euro wurde das Haus, das Hugo während seiner Zeit der Verbannung in ein Gesamtkunstwerk verwandelt hat, renoviert. Selbst das kleinste Detail war von Hugo durchdacht und gestaltet wie die Zeichnungen auf den Holzfriesen, die geschnitzten Motive der Holzmöbel, auf denen auch die Köpfe seiner Romanfiguren Quasimodo und Esmeralda aus seinem Buch «Der Glöckner von Notre Dame» zu entdecken sind.

Hugo hat an dem Haus, das er wegen des Verkaufserfolges der ersten beiden Ausgaben seiner mehrbändigen Gedichtsammlung «Les Contemplations» erwerben konnte, viel umgebaut. Dazu gehören der Wintergarten und die «Galerie de chêne», die Eichengalerie, die aus einem Schlafzimmer und einem Kabinett besteht - mit imposanten Stühlen und einem massiven Tisch. Die Anordnung erinnert an den Grossen Saal des Justizpalastes in Paris, in dem Hugo in «Der Glöckner von Notre Dame» auf dem Narrenfest ein Theaterstück aufführen lässt.

Renaissance, Barock und Orientalismus: Kein Stockwerk, kein Zimmer gleicht dem anderen. Hugo hat sein Haus in einem theatralischen Stil gestaltet, der teilweise düster und erdrückend wirkt, und leichter und heller wird, je mehr man sich dem Ausblick auf dem Dach nähert, in dem er den Klassiker der Weltliteratur «Die Elenden» zu Ende schrieb.

Vieles in dem Haus spiegelt den Seelenzustand Hugos im Exil wider: «Ich bin, aber ich bin nicht» und «Ich stehe aufrecht, aber ich weine» sind Inschriften, die rechts und links des Kamins in der «Galerie de chêne» auf Lateinisch eingraviert sind.

Für Hugo war Architektur «ein in Stein geschriebener Gedanke». Als ein «Gedicht aus mehreren Zimmern» bezeichnete sein Sohn Charles das mehr als 1100 Quadratmeter grosse Haus mit seinem riesigen Garten.

Das Anwesen wird heute von der öffentlichen Einrichtung «Paris Musées» verwaltet, zu denen die mehr als zehn städtischen Museen der französischen Hauptstadt gehören. Die Kosten der Renovierung wurden in Höhe von etwa 3,5 Millionen Euro von dem französischen Kunstsammler und Mäzen François Pinault mitfinanziert, den Rest übernahm die Hauptstadtstruktur «Paris Musées».

Hugo wurde verbannt, weil er sich gegen den Staatsstreich auflehnte, mit dem es Louis-Napoleon Bonaparte im Dezember 1851 gelang, den Weg für die Wiedereinführung der Monarchie ein Jahr später frei zu machen. Hugo lebte 19 Jahre im Exil, davon knapp 15 auf Guernsey, rund 50 Kilometer von der normannischen Küste entfernt.

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