Die Ärzte der Berliner Charité haben in der Fachzeitschrift «The Lancet» einen medizinischen Bericht zur Vergiftung Nawalnys veröffentlicht.
ARCHIV - Ein Spezialflugzeug mit dem Kremlkritiker Nawalny an Bord steht auf dem Flughafen Tegel vor einem Hangar. Foto: Michael Kappeler/dpa
ARCHIV - Ein Spezialflugzeug mit dem Kremlkritiker Nawalny an Bord steht auf dem Flughafen Tegel vor einem Hangar. Foto: Michael Kappeler/dpa - sda - Keystone/dpa/Michael Kappeler
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Bericht schildern die Ärzte, welche Symptome Nawalny nach dem Giftanschlag hatte.
  • Seine Körpertemperatur sank zeitweise auf 33,5 Grad Celsius.

Zu der von Russland bestrittenen schweren Vergiftung des Kremlgegners Alexej Nawalny haben Ärzte der Berliner Charité in der Fachzeitschrift «The Lancet» einen medizinischen Bericht veröffentlicht.

«In der Charité wurde eine schwere Vergiftung mit einem Cholinesterase-Hemmstoff diagnostiziert», teilte die Klinik am Mittwoch mit. Die Mediziner zeichnen in dem Artikel auf vier Seiten erstmals nach, welche Symptome das von Moskau in den 1980er Jahren entwickelte Nervengift der Nowitschok-Gruppe auslöst.

Demnach fiel Nawalny in ein Koma, der Herzschlag verlangsamte sich massiv, die Körpertemperatur sank auf 34,4 und zeitweise auf 33,5 Grad Celsius, hiess es in dem Artikel, der mit Einverständnis des Patienten erschien. Russland bestreitet bis heute, dass Nawalny am 20. August in der sibirischen Stadt Tomsk vergiftet wurde.

Ärzte in Omsk hatten lediglich Stoffwechselstörung bescheinigt

Ärzte in der Klinik in Omsk hatten dem 44-Jährigen zum Entsetzen anderer Kollegen lediglich eine Stoffwechselstörung bescheinigt. Moskau hatte immer wieder Beweise für eine Vergiftung gefordert. Die Ärzte der Charité verwiesen darauf, dass sie Nawalny nach seiner Ankunft am 22. August Blut- und Urinproben abgenommen hätten.

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Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny. - dpa

Ein Labor der deutschen Streitkräfte fand später heraus, dass es sich bei dem Gift um einen verbotenen Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe handelte. Das wurde von drei weiteren Labors in Frankreich, in Schweden und bei der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) bestätigt. Russland tut die Vorwürfe als politische Kampagne ab.

Wurde sehr schnell behandelt

Die Ärzte verglichen die Wirkungsweise des Nervengifts Nowitschok mit denen von Organophosphaten, die zur chemischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Sie vermuten, dass Nawalny überlebte, weil er nach Einsetzen der Symptome sehr schnell behandelt wurde – unter anderem mit dem als Gegengift genutzten Atropin und mit künstlicher Beatmung.

Nawalny hatte dem Bericht zufolge grosses Glück, dass der Anschlag nicht schlimmer ausgegangen ist. «Sein guter Gesundheitsstatus vor der Vergiftung hat wahrscheinlich seine Erholung begünstigt», stellten die Ärzte fest.

Der Oppositionelle macht ein unter dem Befehl von Kremlchef Wladimir Putin agierendes «Killerkommando» des Inlandsgeheimdienstes FSB verantwortlich für den Giftanschlag. Der Kreml weist das zurück und wirft Nawalny «Verfolgungswahn» vor. Deutschland hingegen hält Russland für den Anschlag verantwortlich. Russland reagierte auf Sanktionen der EU im Fall Nawalny mit Gegensanktionen.

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