Luftalarm in der gesamten Ukraine - Die Nacht im Überblick

Keystone-SDA
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Russland,

Die Ukraine hat einen Mehrfachraketenwerfer erhalten. Nach landesweitem Luftalarm wird eine neue Offensive im Donbass erwartet.

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Ein Mehrfachraketenwerfer von Typ HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) fährt während eines Kampftrainings in der Hochwüste des Yakima Training Center in Washington. - Tony Overman/The Olympian/AP/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In der ganzen Ukraine wurde Luftalarm ausgelöst, in Dnipro starben mehrere Menschen.
  • Ein Brite ist in Kriegsgefangenschaft gestorben.
  • Kritikern droht in der besetzten Südukraine die Abschiebung.

Angesichts neuer Angriffe ist in der Ukraine am Freitagabend landesweit Luftalarm ausgelöst worden. Im südöstlichen Gebiet Dnipro starben Behördenangaben zufolge mehrere Menschen. Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die Bürger zur Wachsamkeit auf. Zugleich warnte er Moskau, dass der bereits seit fast fünf Monaten andauernde Krieg auch in Russland nicht folgenlos bleiben werde.

In London sorgt der Tod eines Briten, der von prorussischen Separatisten in Kriegsgefangenschaft gehalten wurde, für Entsetzen. Russland müsse «die volle Verantwortung dafür tragen», kündigte Aussenministerin Liz Truss an. In Moskau besetzt Kremlchef Wladimir Putin derweil zentrale Positionen seiner Führung neu.

Selenskyj: Russlands Gesellschaft für Generationen «verkrüppelt»

Selenskyj sieht auch die russische Gesellschaft angesichts des Kriegs gegen sein Land für Jahrzehnte geschädigt. Die Ukraine werde sich «Menschlichkeit und Zivilisation» bewahren, sagte er in der Nacht zum Samstag in seiner Video-Ansprache. Zerstörte Bildungseinrichtungen würden wieder aufgebaut, versprach er.

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Wolodymyr Selenskyj spricht beim WEF. (Archivbild) - Keystone

«Aber die russische Gesellschaft mit so vielen Mördern und Henkern wird für Generationen verkrüppelt bleiben – und zwar aus eigener Schuld.» Angesichts neuer Angriffe auf mehrere Regionen am Abend appellierte Selenskyj einmal mehr an seine Landsleute, Luftalarm nicht zu ignorieren.

Luftalarm im ganzen Land

Am Freitagabend heulten die Sirenen in der gesamten Ukraine. In sozialen Netzwerken kursierten Videos und Fotos, die fliegende Raketen und Rauchwolken etwa in der südöstlichen Grossstadt Dnipro zeigen sollen.

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Ein zerstörtes Gebäude in Krementschuk. (Archivbild) - Keystine

Der Gouverneur des zentralukrainischen Gebiets Poltawa, Dmytro Lunin, bestätigte Explosionen in Krementschuk. Eine weitere Rakete wurde laut dem Odessaer Militärgouverneur Maxym Martschenko über dem südukrainischen Gebiet abgeschossen. Details zu möglichen Opfern und Zerstörungen waren noch nicht bekannt.

Kiew bestätigt Erhalt von neuem Raketenwerfersystem M270

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben ein neues Raketenwerfersystem aus dem Westen erhalten. «Keine Gnade für den Feind», schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow auf Twitter. Die M270-Systeme würden den US-amerikanischen Himars «auf dem Schlachtfeld gute Gesellschaft» leisten.

Ob nur eines oder mehrere der M270-Systeme geliefert wurden, ging aus dem Tweet nicht eindeutig hervor. Grossbritannien hatte der Ukraine zuletzt solche Waffen zugesagt. Die M270-Systeme auf Kettenfahrgestell können im Unterschied zu den auf Lastwagen montierten Himars zwölf statt sechs Raketen laden.

Brite stirbt in Kriegsgefangenschaft der Separatisten in Ostukraine

Im Osten der Ukraine ist ein Brite in Kriegsgefangenschaft der prorussischen Separatisten gestorben. Dies teilte eine Vertreterin der Separatisten, Darja Morosowa, mit. Bei einer medizinischen Untersuchung des Mannes nach dessen Festnahme vor mehreren Wochen seien eine Reihe chronischer Krankheiten wie Diabetes, eine Lungen- und Nierenschwäche sowie mehrere Herzkreislaufbeschwerden festgestellt worden, sagte Morosowa.

Am 10. Juli sei er gestorben. Die genauen Todesumstände liessen sich nicht unabhängig prüfen. Die britische Regierung bestellte darauf den russischen Botschafter ein.

Prorussische Besatzer in Südukraine drohen Kritikern mit Abschiebung

In besetzten Teilen der Ukraine drohen die von Russland eingesetzten Verwaltungen Bewohnern mit Ausweisungen auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet, wenn diese Kritik an der neuen Führung äussern. Damit solle die «Ordnung gewahrt» werden, hiess es in Erlassen in den südukrainischen Gebieten Saporischschja und Cherson.

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Russische Soldaten bewachen ein Wasserkraftwerk in besetztem Gebiet in der Nähe von Cherson. - Keystone

Die russische Armee hat nach ihrem Einmarsch ins Nachbarland Ende Februar grosse Teile der Südukraine besetzt. In den besetzten Gebieten protestierten Bewohner allerdings immer wieder gegen die neuen Machthaber.

Putin besetzt Schlüsselpositionen in russischer Führung neu

In Russland hat Putin unterdessen fünf Monate nach Kriegsbeginn wichtige Positionen innerhalb der Führungsebene neu besetzt. Er ernannte Industrieminister Denis Manturow zum Vizeregierungschef.

Die Abgeordneten der Staatsduma, die für eine Sondersitzung aus dem Sommerurlaub zurückgeholt worden waren, bestätigten Manturows Beförderung. Der bisher für die Rüstungsindustrie zuständige Vizeregierungschef Juri Borissow wurde per Erlass zum neuen Generaldirektor der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos ernannt.

Iran versichert Ukraine: Keine Drohnen-Lieferungen an Russland

Irans Aussenminister Hussein Amirabdollahian hat der Ukraine versichert, keine Drohnen nach Russland zu liefern. «Die amerikanischen Behauptungen diesbezüglich waren grundlos und mehr ein Propagandaakt vor der (Israel-)Reise von US-Präsident Biden», sagte Amirabdollahian seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba.

Sein Land habe sich stets für eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise eingesetzt, so der iranische Chefdiplomat laut Nachrichtenagentur Irna. Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan hatte am Montag gesagt, dass es Hinweise gebe, wonach der Iran Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen wolle.

Mützenich sieht Deutschland nicht als «Führungsmacht»

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht Deutschland auch künftig nicht in der Rolle einer «Führungsmacht» in der internationalen Politik. Diese Wortwahl seines Parteichef Lars Klingbeil wolle er sich nicht zu eigen machen, sondern «eher den Begriff des Zusammenführens» für die Rolle Deutschlands verwenden, sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur.

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Rolf Mützenich - AFP

Klingbeil hatte Mitte Juni in einer aussenpolitischen Grundsatzrede auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs gesagt: «Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben.» Zudem sprach er sich dafür aus, «militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik» anzusehen. Damit hat er in seiner Partei eine Debatte über die künftige aussenpolitische Ausrichtung ausgelöst.

Was an diesem Samstag wichtig wird

Die Ukraine rechnet mit neuen russischen Offensiven in der Donbass-Region. Russlands Streitkräfte stellten sich im Osten der Ukraine neu auf, unter anderem im Gebiet Kramatorsk, hatte der Generalstab in Kiew zuletzt mitgeteilt.

Die gleichnamige Grossstadt ist Teil eines Ballungsraums mit etwa 500'000 Einwohnern, den Kiew zur wichtigsten Festung im Donbass ausgebaut hat.

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