3G am Arbeitsplatz, 2G in weiten Teilen des öffentlichen Lebens und nun der Teil-Lockdown. Österreich versucht viel, um aus der Corona-Falle herauszukommen. Aber es läuft nicht rund.
Menschen stehen in Salzburg in einer Warteschlange vor einem Impfbus. Foto: Barbara Gindl/APA/dpa
Menschen stehen in Salzburg in einer Warteschlange vor einem Impfbus. Foto: Barbara Gindl/APA/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Geduld, Geduld, Geduld.

Vier Stunden und länger hat am Montag die Wartezeit bei manchen Impfstationen in Wien betragen. Am ersten Tag des Lockdowns für Ungeimpfte wurde deutlich, dass die erneute Verschärfung der Massnahmen viele Menschen wachgerüttelt hat.

«Ich muss mich jetzt impfen lassen, sonst funktioniert gar nichts mehr», räumt eine 31-jährige Masseurin aus Oberösterreich ein, die ohne Termin in der Schlange vor einer Impfstation eines Wiener Kaufhauses steht. Einen PCR-Test hat sie schon gemacht - mit der Kombination Erststich und Test darf sie sich sofort wieder frei bewegen. Zugleich aber schwingt bei vielen Skepsis mit. «Das ist eine Placebo-Massnahme. Es muss einen generellen Lockdown geben, auch um eine Impfpflicht zu verhindern», meint ein 49 Jahre alter Controller.

Österreich sucht inmitten heftigen politischen Streits einen Ausweg aus der hier besonders massiven Corona-Krise. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner liegt mittlerweile bei 890. Der Wochenstart mit fast 12.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden - ein Negativrekord für einen Montag - verheisst nichts Gutes.

Doch das Anziehen der Schrauben ist stets begleitet von einer vielstimmigen Reaktion, die manche Bürger weiter verunsichern dürfte. So erntete der Vorstoss von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), bald auch über die Schliessung der Nachtgastronomie und nächtliche Ausgangsbeschränkungen für alle zu entscheiden, sofort koalitionsinterne Kritik von der konservativen ÖVP. Und er fand auch bei der Opposition wenig Gnade.

Eine der meist diskutierten Fragen ist, wie der Lockdown für die Ungeimpften in den nächsten zehn Tagen kontrolliert werden soll. Die Polizei soll das machen - und die Polizeigewerkschaft ist dagegen. Bei jeder Amtshandlung werde überprüft, ob die Betroffenen geimpft oder in den letzten 180 Tagen von einer Corona-Erkrankung genesen seien, heisst es. Ausserdem seien zahlreiche Streifen eigens für solche Kontrollen abgestellt, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). An den guten Willen ihrer Bürger hat die Regierung, die im Tonfall lieber droht als mitnimmt, bisher kaum appelliert.

Dass die Kontrollen nicht so «engmaschig» sein dürften, wie von Nehammer angekündigt, zeigt ein Blick auf die Mariahilfer Strasse. Wiens längste Einkaufsmeile ist an diesem Montag gut besucht, aber weit und breit ist um die Mittagszeit keine Polizei zu sehen.

Wie Ironie wirkt es, dass der Vorsitzende der rechten FPÖ, Herbert Kickl, nun positiv auf Corona getestet wurde. Erst am Sonntag hat er als Reaktion auf die Entscheidung zum Lockdown für Ungeimpfte zur grossen Demonstration am nächsten Samstag in Wien aufgerufen. Dort wollte er das «Corona-Apartheidsystem» anprangern. Daraus dürfte jetzt nichts werden, denn Kickl muss wohl in Quarantäne.

Am Montag endete die Übergangsfrist für die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Jetzt müssen Mitarbeiter geimpft, genesen oder getestet sein, was zu sehr schwierigen Situationen führt. «Die Unternehmer wissen nicht mehr, was sie machen sollen», sagte der Leiter der Wirtschaftskammer Braunau, Klaus Berer, der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Manche Mitarbeiter wollten sich weder impfen noch testen lassen. Obendrein gebe es Engpässe bei Testterminen und die Ergebnisse kämen nicht rechtzeitig. Die Wirtschaftskammer in Kärnten berichtete, dass in der Gastronomie Mitarbeiter nach Hause geschickt werden mussten, weil ihr PCR-Testergebnis nach 24 Stunden nicht vorlag.

Auch der Handel klagt. Bundesweit werde durch die Ausgangsbeschränkungen für die rund zwei Millionen Betroffenen ein Umsatzeinbruch von bis 350 Millionen Euro wöchentlich befürchtet, sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands, Rainer Will. «Die Kaufkraft grosser Teile der Bevölkerung wird in der wichtigsten Zeit des Jahres für den Handel hin zu digitalen Giganten verschoben.» Dabei stecke sich erwiesenermassen kaum jemand in Geschäften mit dem Coronavirus an, hiess es.

Unter der Flut schlechter Nachrichten leidet nicht zuletzt der Tourismus. «Für den Dezember rollt gerade eine Stornowelle durch die Rezeptionen, der Jänner ist bei den Reservierungen gar auf einem Rekordtief», hiess es bei der Wiener Wirtschaftskammer.

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