Schweiz und EU verhandeln über institutionelle Elemente zur Lösung ihrer Differenzen.
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Es gehe darum, den Schweizer Unternehmen einen Marktzugang zum EU-Binnenmarkt ohne Diskriminierung zu ermöglichen. (Symbolbild) - Keystone

Die Schweiz und die Europäische Union (EU) sollen künftig ihre Differenzen bis vor Gericht begleichen können. Je nach Gesetz wäre der Europäische Gerichtshof (EuGH) für die Rechtsauslegung zuständig. Weiter soll die Schweiz gewisse EU-Gesetze dynamisch übernehmen. Das sind die institutionellen Elemente, welche der Bundesrat mit der Europäischen Kommission derzeit aushandelt.

Die institutionellen Elemente sollen in den Bereichen der Binnenmarktabkommen zum Zuge kommen. Diese sind derzeit die Abkommen über die Personenfreizügigkeit, den Landverkehr, den Luftverkehr, die Landwirtschaft und die Anerkennung der Konformitätsbewertungen. Hinzu sollen neue Abkommen über Strom und Lebensmittelsicherheit den institutionellen Elementen unterstehen.

Die Regelungen sollen einerseits gewährleisten, dass zwischen dem schweizerischen Recht und dem EU-Recht keine Diskrepanz entsteht. Andererseits soll die Auslegung der Abkommen einheitlich erfolgen. Es gehe darum, den Schweizer Unternehmen einen Marktzugang zum EU-Binnenmarkt ohne Diskriminierung zu ermöglichen, heisst es in einem Faktenblatt des Bundesrats.

Die Schweiz und die dynamische Übernahme von EU-Recht

Für die EU sind die institutionellen Elemente eine Voraussetzung für die fortgesetzte Teilnahme der Schweiz am Binnenmarkt, wie es im Verhandlungsmandat der EU steht. Im Mandat wird es an erster Stelle aufgeführt und umfasst drei des insgesamt zehnseitigen Dokuments. Die Schweiz soll sich im Bereich der Binnenmarktabkommen verpflichten, EU-Recht «dynamisch» zu übernehmen.

Diese Übernahmepraxis ist beispielsweise bereits im Bereich von Schengen Usus. Dynamisch bedeutet, dass sich die Schweiz bei der Entstehung von EU-Recht einbringen kann. Dabei kann sie mitdiskutieren, aber nicht mitbestimmen. In einem zweiten Schritt muss die Schweiz – wie die EU-Mitgliedstaaten – das EU-Recht innerhalb einer vorgegebenen Frist in nationales Recht umsetzen.

Bei der Umsetzung gelten die Schweizer Spielregeln. So kann durch ein Referendum auch eine Volksabstimmung herbeigeführt werden. Falls aber die Schweiz das EU-Recht nicht übernehme, könne die EU «verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen» ergreifen, schreibt der Bundesrat.

Schiedsgericht als letzte Instanz?

Bei Streitigkeiten, welche die Binnenmarktabkommen betreffen, sollen wie bis anhin zur Streitbeilegung Behördenmitglieder der Schweiz und der EU in einem gemeinsamen Ausschuss nach einer politischen Lösung suchen. Wenn dadurch der Fall nicht gelöst werden kann, soll neu ein paritätisches Schiedsgericht einberufen werden.

Falls der Streitfall eine Frage betreffend der Auslegung oder Anwendung von EU-Recht aufwirft, soll das Schiedsgericht die Frage dem EuGH zur verbindlichen Auslegung unterbreiten. In jedem Fall entscheidet das Schiedsgericht über den Streitfall, wie der Bundesrat in seinem Verhandlungsmandat schreibt.

Wenn eine Seite nach Ansicht der anderen Seite die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht befolgt, könne sie Ausgleichsmassnahmen ergreifen, heisst es im Faktenblatt. Diese Massnahmen könnten die Parteien wiederum vom Schiedsgericht prüfen lassen.

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