Obwohl seine Ablehnungswerte gleich hoch sind wie die Zustimmungswerte, scheint Vitali Klitschko Kurs auf eine Wiederwahl als Bürermeister von Kiew zu nehmen.
Coronavirus Kiew Klitschko
Ein Plakat zeigt den Bürgermeister von Kiew und ehemaligen Box-Weltmeister, Vitali Klitschko. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Seit sechs Jahren ist Vitali Klitschko Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
  • Momentan sieht es danach aus, dass er wiedergewählt wird.
  • Ein Herausforderer, der ihn schlagen könnte, ist bisher nicht in Sicht.

Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko hat als Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew den mächtigsten Mann des Landes als seinen Gegner. Präsident Wolodymyr Selenskyj wollte ihn nach vollmundigen Ankündigungen längst aus dem politischen Ring gestossen haben. Ein Statthalter von Selenskyjs Gnaden schien im Herbst vergangenen Jahres schon beschlossene Sache.

Doch Klitschko hält sich – und behauptet sich vor allem in der Corona-Krise als entscheidungsstarker und präsenter Politiker. Inzwischen sitzt der 48-Jährige fester im Sattel denn je – und hat gute Chancen, bei der Wahl im Herbst im Amt zu bleiben.

Sechs Jahre regiert der ehemalige Schwergewichtsweltmeister bereits die Millionenmetropole. Mit ihm kam 2014 frischer Wind in die Politik der Stadt. Aber auch unter Klitschko muss sich die Stadtverwaltung nachsagen lassen, von korrupten Beamten geführt zu werden. Vor allem aber nutzt der Ex-Boxer die Krise um die Corona-Pandemie, um sich in Szene zu setzen und der Regierung immer einen Schritt voraus zu sein.

Klitschkos Corona-Strategie

Bereits Ende Februar und damit zwei Wochen vor den ersten offiziellen Corona-Infektionen verkündete Klitschko, dass sieben Krankenhäuser für die Aufnahme von Patienten vorbereitet seien. Er besuchte auch demonstrativ eine Infektionsklinik. Klitschko filmte selbst mit seinem Handy, fragte Patienten, wie es ihnen gehe: «Die Bedingungen sind wunderbar. Dreimal am Tag gibt es Essen. Es schmeckt sehr gut. Uns gefällt es», bekam er zur Antwort. Als Bürgermeister will er Sicherheit ausstrahlen, beruhigen, aber immer wieder auch eindringlich warnen.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko fährt mit dem Rad
Vitali Klitschko, früherer Box-Weltmeister und jetziger Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt, fährt mit dem Fahrrad durch die Stadt. - dpa

«Klitschkos Strategie während der Corona-Krise war anfänglich auf eine Nachahmung der Bürgermeister italienischer Städte mit einem gewissen brutalen Stil ausgerichtet», sagt Politologe Alexej Jakubin der Deutschen Presse-Agentur. Doch nicht jeder in Kiew lässt sich davon beeindrucken. Viele Menschen haben schlichtweg andere Sorgen.

Die Stadt erstickte täglich im Stau, weil die Metro Mitte März stillgelegt und der Nahverkehr eingeschränkt wurde. Am Montag gab Klitschko den Betrieb der Lebensader der Grossstadt frei. Der frühere Profiboxer ist vor allem in sozialen Netzwerken aktiv. Dabei zeigte er sich mit einem T-Shirt mit der Aufschrift «Quentin Karantino» - in Anspielung auf den für seine Brutalo-Filme bekannten US-Regisseur Quentin Tarantino, damit die Leute zu Hause in Quarantäne bleiben.

Coronavirus - Ukraine
Fahrgäste sitzen in der Kiewer U-Bahn, die am 25. Mai wieder den Betrieb aufgenommen hat. - dpa

Während die Friseursalons landesweit geschlossen waren, drehte Klitschko ein Video, wie er sich im Spiegel selbst die Haare schneidet, wäscht und föhnt. Im Büro machte er zur Titelmelodie des Films um den Boxer «Rocky» Liegestütze und mit einer Verlängerungsschnur Seilspringen.

Weder genutzt noch geschadet

Wie in Kiew ist auch landesweit die Zahl der Corona-Fälle bislang überschaubar. In der Hauptstadt gab es nach offiziellen Angaben innerhalb von zweieinhalb Monaten weniger als 3000 Infizierte. Knapp 60 Einwohner starben mit dem Virus. Der Sportwissenschaftler Dr. Klitschko warnt dennoch unentwegt, das Virus nicht zu unterschätzen.

Dem Zweimetermann haben seine Aktivitäten kaum genutzt, aber auch nicht geschadet. Seine Umfragewerte liegen trotz regelmässiger Skandale um seine Beziehungen zur in der Stadt so bezeichneten Baumafia seit Jahren zwischen 30 und 40 Prozent. Bei der für den 25. Oktober angesetzten Kommunalwahl gilt es als wahrscheinlich, dass er daher in die zweite Runde muss.

«Sein Problem bleiben jedoch die hohen Ablehnungswerte, die nicht geringer als die Zustimmungswerte sind», sagt der Politologe Jakubin. Das könne entscheidend für die erwartete Stichwahl werden. Ein Herausforderer, der ihn schlagen könnte, ist bisher nicht in Sicht.

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