Die EU-Kommission beschliesst, dass die menschenrechtswidrigen Taten von Butscha in der Ukraine «nicht ohne Folgen» bleiben dürfen.
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Ukraine Butscha: 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee im Ukraine-Krieg ein Bild des Grauens. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Gräueltaten von Butscha dürften «nicht ohne Folgen» verweilen.
  • Die EU-Kommission schlägt weitere Verbote für Importe aus Russland vor.
  • Der Krieg nimmt ein immer schlimmeres Ausmass an.

Die Gräueltaten von Butscha haben dem Angriffskrieg auf die Ukraine aus Sicht vieler Menschen eine neue Dimension verliehen. Der Westen reagiert mit weiteren Massnahmen - aber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi reicht das bei Weitem nicht. Er warf dem UN-Sicherheitsrat am Dienstag Versagen vor. Unterdessen stellte die EU-Kommission einen Vorschlag für ein umfangreiches Paket mit neuen Sanktionen gegen Russland vor - dieses beinhaltet etwa ein Importverbot für Kohle.

EU-Kommission schlägt Importverbot für Kohle aus Russland vor

Das Massaker von Butscha geben auch der EU-Kommission Anlass für neue Massnahmen gegen Russland. Neben einem Importverbot für Kohle beinhaltet das neue Paket eine Hafensperre für russische Schiffe sowie weitere Handelsbeschränkungen. Dazu gehören etwa Quantencomputer und Transportmittel. Produkte wie Holz, Zement und Meeresfrüchte im Wert von 5,5 Milliarden Euro sollen ausserdem nicht mehr in die EU importiert werden. «Diese Gräueltaten dürfen und werden nicht ohne Folgen bleiben», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Es sei wichtig, in dieser Phase den grösstmöglichen Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Regierung auszuüben. Ob die Sanktionen wie vorgeschlagen verhängt werden, müssen nun die 27 EU-Staaten entscheiden.

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Ukrainische Soldaten im umkämpften Gebiet im Osten während des Ukraine-Kriegs. (Archivbild) - dpa

«Aus unserer Sicht ist es richtig, den Import von Kohle sofort zu stoppen», sagte der Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz. Der Import von Öl müsse «in kürzester Zeit» beendet werden. Der Gasimport aus Russland müsse reduziert und so schnell wie möglich beendet werden. Diese Schlussfolgerungen müssten aus dem eskalierenden Krieg in der Ukraine gezogen werden.

Selenskyj : Butscha nur eines von vielen Beispielen

Nach Einschätzung von UN-Generalsekretär António Guterres ist der Krieg in der Ukraine eine der grössten Herausforderungen für den Frieden auf der Welt seit Gründung der Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Aufgrund seines Wesens, «seiner Intensität und seiner Konsequenzen» handele es sich um «eine der grössten Herausforderungen für die internationale Ordnung und die globale Friedensarchitektur basierend auf der Charta der Vereinten Nationen», sagte Guterres vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Der Krieg müsse sofort aufhören und ernsthafte Friedensverhandlungen müssten beginnen, forderte der UN-Chef. Die Bilder der Gräueltaten an Bewohnern der ukrainischen Stadt Butscha werde er «nie vergessen».

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Helfer transportieren einen im Ukraine-Krieg erschossenen Zivilisten in Butscha.
Butscha Ukraine Krieg
Die Ukrainer gehen davon aus, dass in Butscha diverse Kriegsverbrechen begangen wurden.
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Dieser Mann soll von den Russen getötet und sein lebloser Körper anschliessend in diesem Loch abgelegt worden sein.
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In der Stadt Butscha fanden die Soldaten im Ukraine-Krieg an den Händen gefesselte Leichen auf der Strasse.

Selenskyj, der am Dienstag per Video dem Sicherheitsrat zugeschaltet war, sagte, das, was in Butscha geschehen sei, sei kein Einzelfall – sondern nur eines «von vielen Beispielen dafür, was die Besatzer getan haben». Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte, die umkämpfte ukrainische Hafenstadt Mariupol gleiche derzeit «einem Zentrum der Hölle».

Die Bilder aus Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen auf den Strassen gefunden wurden, lösten weltweit Entsetzen aus. Die Ukraine macht für die Gräueltaten russische Truppen verantwortlich, die die Stadt besetzt hatten. Moskau bestreitet das und sprach von einer «Inszenierung». Belege oder Beweise legte die russische Führung nicht vor.

Spitzenpolitiker reisen nach Kiew

Griffith kündigte an, am Mittwoch in die Ukraine reisen zu wollen. Er berichtete dem UN-Sicherheitsrat auch von seinen ersten Versuchen für Friedensverhandlungen. Am Montag in Moskau habe er unter anderem mit dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow gesprochen und zahlreiche Vorschläge gemacht. Seine Vorschläge seien entgegengenommen und ihm sei versprochen worden, dass sie ernsthaft untersucht würden. Man wolle in engem Kontakt bleiben.

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ukraine krieg - ukraine krieg

Noch diese Woche will auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen für ein Treffen mit Selenskyj nach Kiew reisen. Sie werde begleitet vom EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell, teilte ihr Sprecher auf Twitter mit. Das Treffen werde vor der für Samstag in Warschau geplanten Geberkonferenz stattfinden, bei der Geld für die Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen des Ukraine-Kriegs gesammelt werden soll.

Kriegsverbrechen sollen lückenlos aufgeklärt werden

Selenskyi war dem UN-Sicherheitsrat Versagen vor: «Wo ist der Sicherheitsrat? Es ist offensichtlich, dass die zentrale Institution der Welt zum Schutz von Frieden nicht effektiv arbeiten kann.» Zuvor hatt er bereits betont, die Verbrechen von Butscha und in anderen Städten seines Landes lückenlos aufklären zu wollen. Dazu arbeite man unter anderem mit der EU und dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen.

Videos und Satellitenbilder aus dem Kiewer Vorort Butscha widerlegen nach einer Analyse der «New York Times» Moskauer Behauptungen, dass Leichen getöteter Zivilisten dort erst nach dem Abzug des russischen Militärs platziert worden seien. Satellitenaufnahmen zeigten, dass sich die Überreste mehrerer Menschen bereits Mitte März auf der Strasse befanden, schrieb die Zeitung.

Nato bestätigt Einsatzbereitschaft von neuen Truppen an der Ostflanke

Unterdessen kommt die Nato mit ihren Bemühungen um eine Verstärkung ihrer Ostflanke voran. Wie eine Sprecherin des Militärbündnisses der Deutschen Presse-Agentur bestätigte, haben die vier neuen multinationalen Gefechtsverbände in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei die erste Stufe der Einsatzbereitschaft erreicht. Ihr Aufbau wurde erst vor einigen Wochen angekündigt.

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Die Nato verstärkt ihre Präsenz an der Ostflanke. - dpa

Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte auf einer Pressekonferenz ausserdem, man erwarte in den kommenden Wochen eine verstärkte russische Offensive im Osten und im Süden der Ukraine.

Russland werde versuchen, den gesamten Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen, sagte Stoltenberg am Dienstag.

Die deutliche Truppenbewegung weg von Kiew hat nach Einschätzung des Militärbündnisses damit zu tun, dass sich der Fokus der russischen Streitkräfte nun in Richtung Osten verlagert.

Moskau wirft Baerbock «aggressive antirussische Linie» vor

Mehrere Länder wiesen auch am Dienstag russische Diplomaten aus, etwa Portugal und Rumänien. Schon am Montag hatten dies einige europäische Länder angekündigt. Deutschland erklärte 40 Angehörige der russischen Botschaft zu «unerwünschten Personen». Moskau reagirte am Dienstag prompt und griff Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aufs Schärfste an. Baerbock pflege eine mit besonderem Zynismus aufgeladene «aggressive antirussische Linie», sagte die Sprecherin des Aussenministeriums, Maria Sacharowa.

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