Mit dem Ukraine-Krieg hat sich die Situation vieler Opfer von häuslicher Gewalt verschlechtert. Eine Betroffene erzählt.
Ukraine Krieg
Im Ukraine-Krieg sind Opfer häuslicher Gewalt oft auf sich alleine gestellt. (Symbolbild) - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen des Kriegs sind Opfer häuslicher Gewalt in der Ukraine auf sich alleine gestellt.
  • Einstweilige Verfügungen gegen Täter können derzeit nicht verhängt werden.
  • Eine Betroffene berichtet, sie habe Angst, von ihrem Ehemann getötet zu werden.

Opfer häuslicher Gewalt sind seit dem Ukraine-Krieg auf sich alleine gestellt: Die Behörden können oft nicht auf Hilferufe reagieren. Eine Betroffene fürchtet um ihr Leben.

Schon lange will Ukrainerin Kristina* ihren gewalttätigen Ehemann verlassen. Vor Monaten plante sie, mit ihrer Mutter in ein Dorf nahe Mykolajiw zu ziehen, wo sie heute lebt. Doch das Schicksal erlaubte eine Flucht nicht: Zunächst erkrankte die Mutter an Corona, dann griff Russland ihr Heimatland an.

«Wenn die Russen mich nicht töten, könnte er es tun»

Seither hält sie ihr Ehemann in der gemeinsamen Wohnung gefangen. Nach draussen darf sie nur zum Einkaufen oder bei Bombenalarm, um sich im Luftschutzkeller zu verschanzen.

Dort ist sie inzwischen lieber als in ihrem Zuhause: «Wenigstens schlägt er mich nicht, wenn wir von anderen Menschen umgeben sind. Ich glaube, dass, wenn die Russen mich nicht töten, er es tun könnte», sagt sie gegenüber dem «Kiev Independent».

Ukraine Krieg
Ein im Ukraine-Krieg zerstörtes Gebäude in Mykolajiw, Kristina mit ihrem Ehemann lebt.
Ukraine Krieg
Seit der Ukraine-Krieg begonnen hat, können Opfer sich im Notfall nicht mehr auf behördliche Hilfe verlassen.
Ukraine Krieg
Einsatzkräfte sind oft anderweitig beschäftigt und können betroffenen Frauen nicht helfen.
Ukraine Krieg
Zudem ist es aufgrund von Kämpfen nicht mehr möglich, gegen einen Täter eine einstweilige Verfügung zu erlassen.

Kristinas Ehemann sei im Ukraine-Krieg sogar noch aggressiver geworden. Einmal schlug er sie in den Magen, weil sie einen Nachbarn im Luftschutzkeller «zu freundlich angelächelt» habe.

Notrufe gehen wegen Ukraine-Krieg ins Leere

Kristina ist mit ihren Ängsten nicht alleine. «Leider hat der Krieg häusliche Gewalt in Familien noch verschärft», erklärt Aljona Kriwuljak von der Frauenorganisation La Strada Ukraine.

Das Problem: Notrufe bleiben oft unbeantwortet – die Behörden können aufgrund von Kämpfen nicht eingreifen. Zudem sei die Polizei anderweitig stark ausgelastet.

Haben Sie für die Ukraine gespendet?

Der «Kiev Independent» nennt das Beispiel einer Betroffenen, die die Polizei rief – die Antwort: «Es gibt einen Luftangriff, wir können nicht kommen. Aber wir können mit ihm am Telefon sprechen.»

Vor dem Ukraine-Krieg hatten Opfer häuslicher Gewalt die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügungen gegen den Täter zu beantragen. Wurde diese gewährt, war er gezwungen, das Grundstück innerhalb von zehn Tagen zu verlassen. Auch diese Möglichkeit fällt nun weg. Aufgrund von Gefechten können die Behörden niemanden zwingen, sich abzusetzen.

*Name geändert

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

TelefonMutterCoronavirusGewaltUkraine KriegKrieg