Bei der Verleihung der «Césars», der französischen Antwort auf die Oscars, hat der Femizid-Film «In der Nacht des 12.» von Regisseur Dominik Moll triumphiert.
Regisseur David Fincher (r.), Brad Pitt (l.) und Virginie Efira
Regisseur David Fincher (r.), Brad Pitt (l.) und Virginie Efira - AFP

Der auf einer wahren Geschichte beruhende Thriller über die Ermittlungen im Fall eines brutalen Frauenmords gewann am Freitagabend den César in sechs Kategorien, darunter die Auszeichnung als bester Film. Überschattet wurde die Zeremonie in Paris von heftigen Diskussionen über die Nominierten-Listen, auf denen Frauen deutlich in der Minderheit waren.

«Ich denke an alle Regisseurinnen, die heute gefeiert werden sollten», sagte die Schauspielerin Noémie Merlant, die für ihre Rolle im Film «L'Innocent» als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet wurde, in ihrer Dankesrede. «Sie fehlen mir.»

Der Film der einzigen nominierten Regisseurin Valéria Bruni Tedeschi, «Forever Young», über eine Gruppe sexuell freizügiger Schauspielstudenten wurde von Ermittlungen gegen Hauptdarsteller Sofiane Bennacer wegen Vergewaltigung überschattet.

Seit dem Jahr 2000 hat keine französische Regisseurin einen César mehr gewonnen – obwohl sie bei Preisverleihungen in Cannes, Berlin und Venedig in den vergangenen zwei Jahren vielfach für ihre Regiearbeiten ausgezeichnet wurden.

«Im vergangenen Jahr wurde die Oscar-Akademie kritisiert, weil ihre Nominierungen so weiss waren und in diesem Jahr, weil sie so männlich sind», erklärte das für Gleichberechtigung im französischen Filmgeschäft kämpfende Collectif 50/50 mit Blick auf die USA. «Die Césars 2023 sind beides zusammen.»

Alice Diop gewann den Preis für das beste Debüt mit ihrem Film «Saint Omer» und sagte in ihrer Rede: «Wir sind nicht nur auf der Durchreise, und wir sind nicht nur eine Modeerscheinung.» Irene Dresel gewann als erste Frau überhaupt den César für die beste Filmmusik für «Full Time» und widmete ihren Preis allen Komponistinnen, die bislang nur fünf Mal für einen César nominiert waren.

Als Überraschungsgast trat bei der Gala in Paris Hollywoodstar Brad Pitt auf. Er übernahm die Ehrung von Regisseur David Fincher («Fight Club») mit einem César für sein Lebenswerk.

Anfang 2020 hatte die Auszeichnung des Filmemachers Roman Polanski als bester Regisseur die César-Akademie in eine tiefe Krise gestürzt, weil mehrere Frauen Polanski Vergewaltigung vorwarfen. Die alte Akademie-Spitze trat daraufhin zurück – auch weil viele Mitglieder Mauscheleien beklagten. Im September 2020 wurde dann eine paritätisch besetzte Doppelspitze gewählt – bei der Auswahl der Nominierten in diesem Jahr war von Parität aber nichts zu sehen.

Während der Gala enterte eine Klimaaktivistin der Gruppe Dernière Renovation die Bühne in einem T-Shirt mit der Aufschrift: «We have 761 days left» («Wir haben noch 761 Tage übrig») und bezog sich dabei auf das globale CO2-Budget. Sie wurde aus dem Saal getragen. Der Fernsehsender Canal+, der die Verleihung übertrug, strahlte den Protest nicht aus.

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