Am 70. Jahrestag des Katyn-Massakers kam bei einem Flugzeugabsturz 2010 die Regierungs-Elite von Polen ums Leben. Polen gibt bis heute Russland die Schuld.
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Menschen tragen Schilder der Opfer von Smolensk am Jahrestag 2018. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Regierungs-Elite von Polen kam bei einem Flugzeugabsturz 2010 ums Leben.
  • Polen beschuldigt Russland eines Mordanschlags.

Es sollte ein Tag des Erinnerns an ein schweres Verbrechen im Zweiten Weltkrieg werden. Aber der 10. April 2010 endete für Polen mit der grössten Tragödie der Nachkriegszeit. Piotr Zychowicz stand damals auf dem Friedhof der Gedenkstätte in Katyn nahe der russischen Stadt Smolensk.

Ermordung Tausender polnischer Offiziere

In dem Wald hatte der sowjetische Geheimdienst NKWD 1940 Tausende polnischer Offiziere ermordet. Zychowicz war Reporter der polnischen Zeitung «Rzeczpospolita». Er wartete mit anderen auf die Ankunft von Polens Präsident Lech Kaczynski, der an die Opfer von Katyn erinnern wollte. Doch auf dem Weg dorthin kam Kaczynski selbst ums Leben.

Flugzeugkatastrophe von Smolensk
Piotr Zychowicz, Zeitzeuge der Smolensk-Katastrophe. Es sollte ein Tag des Erinnerns an ein schweres Verbrechen im Zweiten Weltkrieg werden. Aber der 10. April 2010 endete für Polen mit der grössten Tragödie der Nachkriegszeit. Piotr Zychowicz stand damals auf dem Friedhof der Gedenkstätte in Katyn nahe der russischen Stadt Smolensk. - dpa

Die weiss-rote Tupolew-154 der polnischen Regierung stürzte beim Landeanflug auf den Militärflugplatz von Smolensk ab. Alle 96 Insassen starben, darunter Kaczynski - und mit ihm die Elite des Landes. Der 70. Jahrestag des Katyn-Massakers wurde zum Begriff für ein neues schmerzhaftes Kapitel polnischer Geschichte.

Panne der Präsidentenmaschine

Zychowicz erinnert sich, wie Regierungsvertreter zunächst von einer «Panne der Präsidentenmaschine auf dem Flughafen» ausgingen. Der heute 39-Jährige setzte sich mit Kollegen ins Auto und fuhr los. «Erst dachte ich, da sei bei der Landung ein Reifen geplatzt», sagt Zychowicz. Doch unterwegs erfährt er von einem Diplomaten: «Da gibt es keine Hoffnung mehr.»

Das polnische Verteidigungsministerium kam 2011 in einem Bericht zu dem Schluss: die Militärpiloten waren unzureichend für die TU-154 ausgebildet und begingen bei extremem Nebel Fehler begingen. Auch soll der russische Fluglotse die Crew zu spät gewarnt haben, dass ihr Landeanflug zu tief sei. Russland wies stets jede Verantwortung für das Unglück zurück, zeigte aber auch seine grosse Anteilnahme.

Katastrophe belastet Beziehung zwischen Moskau und Warschau

«Es herrschte ein unheimlicher Nebel. Eine weisse Masse wie zum Schneiden», erinnert sich Zychowicz. Am Rand des Geländes, hinter einem Birkenwäldchen, bot sich das Bild des Schreckens.

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Premierminister Donald Tusk am Gedenktag des Unglücks 2014. - keystone

«Rauchende Trümmerteile, ein Stück des Flugzeugrumpfes mit weiss-rotem Anstrich. Dazu Servietten und Teile von diesen Boxen, in denen das Essen serviert wird.» Bald riegelten russische Uniformierte das Gelände ab.

Die Katastrophe von Smolensk belastet das Verhältnis zwischen Warschau und Moskau seit Jahren. Polens nationalkonservative PiS-Regierung und Parteichef Jaroslaw Kaczynski, Zwillingsbruder von Lech, haben oft suggeriert: «Der Absturz war ein Mordanschlag». Sie geben nicht nur Russland die Schuld. Sie werfen auch der damaligen Regierung unter Donald Tusk vor, die Katastrophe nie richtig aufgeklärt zu haben.

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