Experten für mehr Fussgängerschutz

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Deutschland,

Sieht mich der Lastwagen beim Abbiegen? Und warum muss man an der Ampel jedes Mal sprinten? Jenseits der Bürgersteige fühlen sich Fussgänger teils nicht sicher. Wie können Risiken verringert werden?

«Es ist an der Zeit, dass unser Verkehrssystem den Fussverkehr stärker berücksichtigt und ihm den Raum und den Schutz gibt, den er verdient», sagt Walter Eichendorf. Foto: Jörg Carstensen/dpa
«Es ist an der Zeit, dass unser Verkehrssystem den Fussverkehr stärker berücksichtigt und ihm den Raum und den Schutz gibt, den er verdient», sagt Walter Eichendorf. Foto: Jörg Carstensen/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die einen fahren Auto, andere Bus oder Rad.

Doch alle sind immer wieder Fussgänger - und auch da kann es in der Stadt schon mal brenzlig werden.

Für mehr Sicherheit beim Zu-Fuss-Gehen gibt es aus Expertensicht dringenden Handlungsbedarf - bei Zebrastreifen, Ampelschaltungen oder freier Sicht an Kreuzungen.

«Es ist an der Zeit, dass unser Verkehrssystem den Fussverkehr stärker berücksichtigt und ihm den Raum und den Schutz gibt, den er verdient», sagte der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, Walter Eichendorf, der Deutschen Presse-Agentur. Vielen sei nicht bewusst, dass lange Zeit pro Jahr mehr Menschen im Fussverkehr starben als im Radverkehr.

«Fussverkehr ist selbstverständlich, aber er ist leider manchmal auch gefährlich», sagte Eichendorf. Laut Statistischem Bundesamt waren im vergangenen Jahr unter insgesamt 3046 Verkehrstoten 417 Fussgänger. Um Risiken zu entschärfen, empfiehlt der Verkehrssicherheitsrat eine Reihe von Massnahmen an neuralgischen Stellen des Strassennetzes. Das geht aus einem am Mittwoch vorgelegten Papier mit Vorschlägen hervor.

BRENNPUNKT KREUZUNGEN: Für eine bessere Sicht von Fussgängern und Autofahrern sollte der Bereich an Kreuzungen ausgeweitet werden, in dem Parken für Autos verboten ist. «Statt der aktuell vorgesehenen acht Meter sollte er mindestens zehn Meter zum Schnittpunkt der Fahrbahnkanten betragen, bei hohen zulässigen Geschwindigkeiten auch mehr», heisst es in dem Papier. Um Kreuzungsbereiche frei zu halten, seien die Kommunen gefordert, Falschparker konsequent abzuschleppen. Es könnten auch Poller und Fahrradbügel aufgestellt werden.

BRENNPUNKT QUERUNGEN: Um sicherer über die Strasse zu kommen, könnten mehr Mittelinseln auf Fahrbahnen helfen - und Fussgängerampeln, bei denen man Grün per Knopfdruck anfordern kann. Zebrastreifen sollten generell leichter einzurichten sein. Und zwar schon vorsorglich, ehe es auffällig viele Unfälle gibt. Derzeit seien die Anforderungen für Behörden hoch, eine Gefahrensituation oder starkes Verkehrsaufkommen nachzuweisen. Teils müssten erst Verkehrszählungen oder Gutachten her. Das mache es für Kommunen schwer, von vornherein ein Netz mit durchgängigen sicheren Gehverbindungen zu planen.

BRENNPUNKT AMPELN I: Ampeln sorgen für Klarheit an Kreuzungen, es kommt aber auf die Schaltung an. Für abbiegende Autos und geradeaus führenden Fuss- und Radverkehr sollte es häufiger komplett getrennte Ampelphasen geben, raten die Sicherheitsexperten: also Fussgänger und Radler bekommen Grün - und erst wenn sie wieder Rot haben, kriegen rechts abbiegende Autos Grün. Sinnvoll und gerechtfertigt sei das vor allem an Kreuzungen mit einem hohen Aufkommen an Fussgängern und Radlern. Ein kleiner Vorlauf, dass Fussgänger und Radler etwas früher grün bekommen als abbiegende Fahrzeuge, entspreche schon jetzt dem Regelwerk. Leider werde dies aber nicht immer berücksichtigt.

BRENNPUNKT AMPELN II: Eine wichtige Stellschraube ist, wie lange Fussgängerampeln überhaupt Grün zeigen. Die Experten fordern, diese Phasen auszudehnen, um die Strasse bei Grün wirklich überqueren zu können. Und nicht nur - wie es die Regeln fordern - bis mindestens zur Strassenmitte zu kommen und die restlichen Schritte dann bei Rot zu gehen. Nicht nötig sollte es sein, bei breiteren Strassen auf Mittelinseln noch mal an einer Ampel auf Grün zu warten.

Dafür müsse die für Ampeln angenommene Gehgeschwindigkeit auf den Prüfstand. In der Regel werden 1,20 Meter pro Sekunde angesetzt. Höchstens können es 1,50 Meter pro Sekunde sein. Mehr als 70 Prozent der Fussgänger seien aber langsamer unterwegs, analysierte die Bundesanstalt für Strassenwesen schon 2013. Sie empfiehlt ein geringeres Tempo von 0,80 Metern bis 1,20 Metern pro Sekunde. Nicht berücksichtigt seien bisher auch zwei bis drei Sekunden Reaktionszeit vorm Losgehen. Das Gehtempo sollte so angesetzt werden, dass möglichst alle in der Grünphase über die Strasse kommen - nicht nur junge und gesunde Menschen, heisst es beim Verkehrssicherheitsrat.

PERSPEKTIVEN: Der Autofahrerclub ADAC betont, genügend gut erreichbare Querungshilfen seien zentral für sicheren Fussverkehr - vor allem an komplizierten Kreuzungen. Grosse Hoffnungen liegen auch in der weiteren Entwicklung der Fahrzeugsicherheit, wie ein Sprecher sagte. Autonome Notbremssysteme könnten Fussgänger und Radler erkennen und vor Unfällen schützen. Der Deutsche Städtetag betonte, auch der Bund müsse die Sicherheit von Fussgängern stärker in den Blick nehmen. «Denn mit der Verkehrswende zu einer nachhaltigen Mobilität werden mehr Menschen als heute zu Fuss gehen oder mit dem Rad fahren», sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Die Städte wünschten sich auch mehr eigene Möglichkeiten beim Erproben neuer Regeln im Strassenverkehr.

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