Experten: Behörden empfahlen dänischen Teil-Lockdown im März nicht
Hat sich die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei der Bekanntgabe der strikten Corona-Massnahmen im März 2020 fälschlicherweise auf Empfehlungen der Behörden berufen? Darauf deutet ein am Freitag veröffentlichter Untersuchungsbericht einer unabhängigen Expertengruppe hin. Darin heisst es, der Plan zu den umfassenden Massnahmen in der ersten Corona-Hochphase im Frühjahr sei vermutlich vorrangig in Frederiksens Staatskanzlei konzipiert worden.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Gesundheitsbehörden seien zwar dafür gewesen, Schritte zu ergreifen, heisst es in dem vom Parlament in Auftrag gegebenen Bericht, der auf 598 Seiten das Vorgehen von Regierung und Behörden von Januar bis April 2020 beschreibt.
Der Beschluss der Regierung gehe aber wesentlich weiter als von den Behörden empfohlen.
«Besonders die Schliessung der Kindertagesstätten und Schulen wird nicht von der Gesundheitsverwaltung gestützt», hiess es. Frederiksen und der Direktor der Gesundheitsverwaltung, Søren Brostrøm, waren demnach im Vorfeld immer wieder unterschiedlicher Meinung gewesen.
Aus Sorge vor einer Ausbreitung des Coronavirus hatte Frederiksen am 11. März 2020 strikte Massnahmen für ihr Land verkündet, darunter die Schliessung der Schulen und Kitas. Die Sozialdemokratin hatte sich damals auf behördliche Empfehlungen gestützt. «Daher ist es die Empfehlung der Behörden, dass wir alle unnötigen Aktivitäten in diesen Bereichen für eine Zeit einstellen», hatte sie gesagt.
Der Untersuchungsbericht war im Juni in Auftrag gegeben worden. Wie das dänische Parlament unterstrich, war der Zweck des Ganzen, Lehren aus dem Vorgehen zu ziehen - und nicht die politische oder rechtliche Verantwortung auszumachen.
Die grösste Oppositionspartei Venstre warf Frederiksen nach der Veröffentlichung «Vertrauensbruch» vor. Die Ministerpräsidentin selbst äusserte sich bislang nicht zu dem Bericht.