Wie du mir, so ich dir? – Erdogan wehrt sich gegen die seiner Ansicht nach «dummen Sanktionen» der USA und ordnet Vergeltung an.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Erdogan hat Sanktionen gegen zwei US-Minister angeordnet.
  • Er sendet aber auch leise Versöhnungssignale.
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Nach den Sanktionen der USA im Streit um den in der Türkei festgehaltenen US-Pastor Andrew Brunson spitzt sich der Konflikt zwischen den Nato-Partnern weiter zu. Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte am Samstag vergleichbare Vergeltungsmassnahmen an. «Wir werden die Vermögen des amerikanischen Justiz- und Innenministers in der Türkei einfrieren, falls sie welche haben», sagte Erdogan in einer vom Fernsehen übertragenen Rede bei einem Kongress der Frauenabteilung seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP.

Die USA hatten am Mittwoch Sanktionen gegen den türkischen Innenminister Süleyman Soylu und gegen Justizminister Abdülhamit Gül verhängt, weil sie im Fall Brunson «führende Rollen» gespielt hätten. Damit werden mögliche Vermögen der Minister in den USA eingefroren, ausserdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen machen.

Unterschiedliche Aufgaben des Innenministers

Es war unklar, welcher US-Minister von den türkischen Gegenmassnahmen betroffen wäre. In den USA hat der Innenminister andere Aufgabenbereiche als in anderen Ländern; der Bereich innere Sicherheit liegt beim Heimatschutzministerium.

Erdogan sagte, Washington bediene sich einer Sprache «der Drohungen und dummen Sanktionen». Präsident Donald Trump werde von «evangelistischen, zionistischen» Kreisen in den USA getäuscht. Ankara hoffe aber auf eine schnelle Lösung. «Diplomatische Kanäle arbeiten sehr intensiv», sagte Erdogan. Er hoffe, dass die US-Seite so schnell wie möglich zur Vernunft komme.

Brunson war im Oktober 2016 in der Türkei festgenommen worden, im Dezember desselben Jahres wurde wegen Terrorvorwürfen Untersuchungshaft gegen ihn verhängt. Vor seiner Festnahme war er Pastor in einer evangelikanen Kirche im westtürkischen Izmir. Vergangene Woche wandelte ein Gericht die Untersuchungshaft wegen gesundheitlicher Probleme in Hausarrest um. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu 35 Jahre Gefängnis für Brunson. Trump hat mehrfach persönlich die Freilassung des Pastors gefordert.

USA und Russland wollen im Dialog bleiben

Noch am Freitag sah es zunächst nach einer ersten Entspannung im Konflikt der Nato-Partner aus: US-Aussenminister Mike Pompeo traf sich am Rande des Asean-Regionalforums in Singapur mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu. Beide Seiten bezeichneten das Gespräch im Anschluss als konstruktiv. Cavusoglu versicherte, man wolle im Dialog bleiben.

Brunson ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen Washington und Ankara. Die Türkei hat mit Russland den Kauf von S-400-Raketensystemen zur Flugabwehr vereinbart. Zugleich will Ankara von den USA F-35-Kampfjets beziehen, gegen die das S-400-System theoretisch eingesetzt werden könnte. In Washington herrscht die Befürchtung, dass Ankara Informationen an Moskau weitergeben könnte. Erdogan hat die Beziehungen zu Präsident Wladimir Putin in den vergangenen Jahren ausgebaut.

Der US-Senat blockiert das F-35-Geschäft wegen des Falls Brunson und fordert Sanktionen gegen die Türkei, sollte Ankara das S-400-System kaufen. Das US-Repräsentantenhaus verlangt, bis zu einem Bericht über die US-Beziehungen zur Türkei grössere Waffenlieferungen einzufrieren.

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