«Ein Inferno»: Spanien bekämpft Mega-Brände
Spanien kämpft derzeit mit 22 grossen Waldbränden – den schlimmsten seit Jahrzehnten, wie Umweltministerin Sara Aagesen berichtet.

Spanien kämpft gegen die schlimmsten Wald- und Vegetationsbrände seit Jahrzehnten. Derzeit gibt es dort 22 grössere aktive Feuer, wie die Ministerin für Ökologischen Wandel, Sara Aagesen, im Interview des staatlichen Radiosenders RNE mitteilte.
Betroffen seien Extremadura im Westen des Landes sowie im Nordwesten die Regionen Kastilien und León, Galicien und Asturien, aber auch Valencia im Osten Spaniens.
Auch Teile des Jakobswegs gesperrt
Aufgrund der Feuer mussten bereits mehr als 33'000 Menschen ihre Häuser verlassen. Der Agrarverband COAG schätzt die direkten Schäden für Land- und Viehwirtschaft auf mindestens 600 Millionen Euro (rund 565 Millionen Franken).
Die Feuer zogen auch Teile von Naturschutzgebieten wie die Südhänge des Gebirges Picos de Europa in Mitleidenschaft. Acht Landstrassen, Teile des Jakobswegs und einige Zugstrecken waren am Mittwoch noch gesperrt. Es gab bereits vier Todesopfer. Dutzende wurden wegen Brandstiftung festgenommen.
In Jarilla in Extramadura unterstützen inzwischen 67 Einsatzkräfte aus Deutschland den Kampf gegen die Flammen. Dort wütet eines der grössten der vielen Feuer, die Spanien seit zwei Wochen in Atem halten.
Es ist ein Einsatz, der es in sich hat: Regionalmedien wie die Digitalzeitung «Extremadura 7Días» bezeichneten die Lage als «verheerendes Inferno». 15'000 Hektar brannten in Jarilla bereits ab. Die Luft ist voller Rauch, es ist sehr heiss und staubig, permanent sind Löschflugzeuge zu sehen und zu hören.
Regierungschef verspricht schnelle Hilfe beim Wiederaufbau
Kurz vor der Ankunft der Deutschen mit 23 Fahrzeugen hatte Regierungschef Pedro Sánchez Jarilla besucht. Dort kündigte er an, seine Regierung werde die am stärksten betroffenen Gebiete zu Notstandszonen erklären, um schnelle staatliche Hilfe für den Wiederaufbau zur Verfügung stellen zu können.
Eines der Probleme in Jarilla (und auch anderswo) ist, «dass der Wind sich regelmässig dreht, was die Brandbekämpfung kompliziert macht, weil man sich nicht darauf einstellen kann, dass das Feuer an einem Platz bleibt», erklärt Frank Frenser, Pressesprecher der Feuerwehr Bonn, der auch in Spanien im Einsatz ist, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Auch Frankreich, Italien und Finnland schickten Helfer und Löschflugzeuge. Die Niederlande, Tschechien und die Slowakei unterstützen mit Löschhubschraubern.
Die Hilfe ist dringend nötig: Nach Schätzungen des Europäischen Waldbrandinformationssystems EFFIS wurden seit Jahresbeginn mehr als 3900 Quadratkilometer Natur zerstört – eine Fläche, die grösser als die Waadt ist. Es handelt sich um die grösste Zerstörung in Spanien seit Beginn der EFFIS-Erfassungen im Jahr 2006. Auch im Nachbarland Portugal brennt es vielerorts und seit vielen Tagen, vor allem im Zentrum des Landes. Dort wurde am Mittwoch das dritte Todesopfer gemeldet.
Was steckt hinter der extremen Brandwelle?
Doch was ist der Grund dieser Mega-Brände? Viele spanische Experten führen sie in erster Linie auf die massive Zunahme von Wald- und Buschland im Zuge der Landflucht zurück. Derzeit brennen in der Tat vor allem dünn besiedelte, schwer zugängliche Gebiete – oft ungenutzte Wälder, in denen sich grosse Mengen brennbaren Materials ansammeln. «Es brennt das vernachlässigte Spanien, über das niemand spricht», titelte die Zeitung «El Periódico».
Thomas Hickler, Professor für Quantitative Biogeographie am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt, verweist dagegen auf zunehmende Hitze und Dürre, die «ganz eindeutig der Hauptgrund für die Rekordbrände in Spanien dieses Jahr» seien. «Die Verbuschung nach Nutzungsaufgabe spielt auch eine Rolle, aber die Wetterextreme sind viel wichtiger, und die Wahrscheinlichkeit von extremer Hitze und Dürre nimmt durch den Klimawandel eindeutig zu», sagte Hickler der dpa.
Temperaturen sinken nach Hitzewelle
In einem Punkt sind sich aber die meisten einig: Die Brände sind extrem schnell, unberechenbar und selbstverstärkend. Eine neue klimabedingte Normalität, die die bisherigen Lösch-Strategien überfordert.
Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte: «Es gibt Gebiete, in denen das Feuer unter keinen Umständen durch menschliche Mittel kontrolliert werden kann. Nur die Witterung wird eine Kontrolle ermöglichen.» Etwas Hoffnung macht, dass die Temperaturen nach Ende einer ungewöhnlich langen, 16-tägigen Hitzewelle seit Dienstag fast im gesamten Land sinken – auch in Jarilla. Das erleichtert die Löscharbeiten.