Tausende Bootsmigranten auf Lampedusa, steigende Zahlen und Kapazitätsprobleme – das Thema Migration bestimmt die politische Debatte.
Migranten stehen an einem Hafen auf Lampedusa.
Migranten stehen an einem Hafen auf Lampedusa. - Cecilia Fabiano/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Die Politik gerät wegen der gestiegenen Asylbewerberzahlen und den Belastungen in den Kommunen zunehmend unter Handlungsdruck – hinzu kommen die Bilder von der Ankunft Tausender Bootsmigranten auf der Mittelmeerinsel Lampedusa.

Diskutiert wurde in Berlin vor allem über die Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Obergrenze für Asylbewerber. Andere Parteien warfen ihm wahltaktische Motive vor.

Die ultrarechte italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kündigte unterdessen «aussergewöhnliche Massnahmen» zur Eindämmung irregulärer Migration an. Das Thema stand im Kabinett in Rom auf der Tagesordnung.

Forderung nach Obergrenze wiederholt

CSU-Chef Söder wiederholte nach einer Sitzung des CSU-Vorstandes in München die Forderung nach einer Obergrenze in Höhe von rund 200.000 Asylbewerbern pro Jahr in der Bundesrepublik. «Es braucht eine Integrationsgrenze als Richtwert für unser Land», sagte er.

Neu ist das Thema nicht: Schon Söders Vorgänger Horst Seehofer (CSU) hatte in Folge der Flüchtlingsbewegung nach 2015 eine solche Grenze vorgeschlagen. Er war damit auf Widerstand bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestossen. Nach langem Streit einigten sich beide 2017 auf einen Richtwert von 200.000 pro Jahr.

CSU-Chef Markus Söder
CSU-Chef Markus Söder fordert eine Integrationsgrenze. - keystone

Kritik an dem Vorstoss kam aus anderen Parteien: Rund drei Wochen vor der Wahl in Bayern habe Söder «wieder zur grossen Keule ausgeholt» und mache Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil in Berlin. Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach von «Nebelkerzen». Weder Söder noch andere, die so etwas forderten, hätten bislang Vorschläge gemacht, wie das umgesetzt werden könne.

Wahlkampf-Vorwürfe an Söder

Die Chefin der Linkspartei, Janine Wissler, warf dem bayerischen Ministerpräsidenten «populistischen Wahlkampfquatsch» vor. Jeder wisse, dass es nicht möglich sei, Menschen davon abzuhalten vor Bomben und vor Hunger zu fliehen.

Söder wies die Wahlkampf-Vorwürfe zurück. «Lampedusa kennt keine Landtagswahl in Bayern», sagte er mit Blick auf die italienische Mittelmeerinsel, auf der gerade eine grosse Zahl von Flüchtlingen aus Nordafrika ankommt.

In einem Aufnahmelager auf Sizilien, in dem mehrere Tausend zuvor auf Lampedusa angekommene Menschen untergebracht sind, spielten sich am Montag Medienberichten zufolge chaotische Szenen ab. In der Hafenstadt Porto Empedocle hätten etwa Hundert Migranten das Lager verlassen, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Sie kletterten demnach über Zäune und durchbrachen Absperrungen.

Italien will Massnahmenpaket beschliessen

Das italienische Kabinett wollte zum Wochenauftakt ein Massnahmenpaket zur Eindämmung irregulärer Migration auf den Weg bringen. Ministerpräsidentin Meloni hatte bereits vorab Beschlüsse zur Verschärfung der Abschiebehaft sowie die Einrichtung von Abschiebehaftanstalten durch das Militär angekündigt.

Diskutiert wurde in Deutschland neben dem Thema Obergrenze auch über andere mögliche Massnahmen. Die FDP schlug eine bundesweite Bezahlkarte vor, mit der Asylbewerber ihren täglichen Bedarf im Einzelhandel decken können. Anders als bei der Auszahlung von Geld wären dann keine Rücküberweisungen in Herkunftsländer möglich, hiess es in einem Beschluss des Parteipräsidiums vom Montag. «Damit würde ein wesentlicher Anreiz zur Einreise in die Sozialsysteme entfallen», argumentiert die FDP.

Linnemann will Grenzkontrollen einführen

«Die Zahlen müssen herunter», sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Dafür sollten nach dem Vorbild der deutsch-österreichischen Grenze auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen eingeführt werden.

Ausserdem sollten die Maghreb-Staaten – also Algerien, Tunesien und Marokko – als sichere Herkunftsstaaten im Asylrecht eingestuft werden, um die Asylverfahren von Staatsbürgern dieser nordafrikanischen Staaten zu beschleunigen. Dafür will sich auch die FDP in der Ampel einsetzen, auch gegen den Widerstand der Grünen, wie FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ankündigte.

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hatte sich am Sonntag in der ZDF-Sendung «Berlin direkt» für eine «neue Entschlossenheit» in der europäischen Flüchtlingspolitik ausgesprochen. Die Politik müsse entdecken, «dass die bisherigen Massnahmen nicht ausgereicht haben, um den Kontrollverlust, der offensichtlich eingetreten ist, zu beheben», sagte er.

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