Diskriminierung und Furcht vor Karriereknicks: Laut einer Studie fällt es einem Grossteil der LGBT+-Beschäftigten weiter schwer, sich im Job zu outen.
Zwei Lesben überqueren Hand in Hand den Europaplatz in Zürich.
Viele LGBTs wollen sich auf der Arbeit outen. - Keyston
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nur 37 Prozent der deutschen LGBTs outen sich auf der Arbeit.
  • Die Studienautoren fordern, dass Unternehmen daran arbeiten.

Die meisten lesbischen, schwulen, bi-, trans- oder intersexuellen Arbeitnehmer in Deutschland haben sich einer neuen Studie zufolge im Job bislang gar nicht, oder nur wenigen Kollegen gegenüber geoutet. «Auch wenn in Deutschland rund 85 Prozent der LGBT+-Talente angeben, ihre sexuelle Orientierung auf der Arbeit mitteilen zu wollen, haben das nur 37 Prozent von ihnen bislang auch getan», teilte die Boston Consulting Group (BCG) in einer Umfrage am Samstag in München mit.

LGBT+ ist die Abkürzung für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle sowie für Menschen mit sexuellen Orientierungen oder geschlechtlichen Identitäten, die sich mit diesen Bezeichnungen nur unzureichend identifizieren können. Für die Studie befragten die Autoren weltweit rund 4000 Menschen – davon mehr als 500 in Deutschland.

Deutschland im Schlusslicht

Im internationalen Vergleich mit 19 weiteren berücksichtigten Ländern bildet Deutschland mit dieser Quote das Schlusslicht. Im Durchschnitt hatten in den Ländern rund 52 Prozent der LGBT+-Arbeitnehmer im Job ihre sexuelle Neigung oder geschlechtliche Identität öffentlich gemacht. In England gaben gar 63 Prozent der Befragten an, damit am Arbeitsplatz allen Mitarbeitern gegenüber offen umzugehen.

Die Ergebnisse der Studie deckten sich mit den Wahrnehmungen, die auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bei dem Thema habe, sagte dessen Sprecher, René Mertens. «Für viele Lesben, Schwule, Bisexuelle und vor allem auch transgeschlechtliche Menschen ist es immer noch schwierig, sich im Job zu outen, weil sie Diskriminierung und den Karriereknick befürchten müssen.» Gerade in der Gruppe der Berufsanfänger sei diese Angst ausgeprägt

Klare Antidiskriminierungsrichtlinie gefordert

«Bei der Auswahl eines Arbeitsplatzes in Deutschland steht der Wunsch nach einem LGBT+-freundlichen Arbeitsumfeld, zu dem auch eine klare Antidiskriminierungsrichtlinie zählt, bei LGBT+-Menschen auf Platz 1 der Auswahlkriterien», sagte BCG-Beraterin und Studien-Autorin Annika Zawadzki der Deutschen Presse-Agentur. «Daraus lässt sich durchaus schliessen, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz für LGBT+-Menschen ein Thema ist.»

Den Firmen empfiehlt Zawadzki dringend, das Thema anzugehen. Ihnen entgingen ansonsten wichtige Potenziale. Dort, wo hochqualifizierte LGBT+-Menschen keinen offenen Umgang mit ihrer Identität vorfinden, würden sie sich gar nicht erst bewerben. Mit dieser Sicht ist Zawadzki nicht allein.

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