Bürger und Atommüll: Im Brexit-Deal geht es nicht nur um Nordirland
Grossbritannien wird die EU verlassen. Gestern konnten sich die Parteien auf einen Vertrag einigen, der sich mit einer grossen Bandbreite an Themen befasst.

Das Wichtigste in Kürze
- Gestern konnten sich Grossbritannien und die EU auf einen Brexit-Vertrag einigen.
- Die Diskussion kreist oft um die Lage Nord-Irlands.
- Dabei gehen weitere, wichtige Aspekte oft vergessen.
Das Abkommen zum EU-Austritt Grossbritanniens regelt nicht nur die Frage Nordirlands. Im 535 Seiten starken Vertrag geht es auch um Themen wie die Rechte der Bürger, Londons Finanzverpflichtungen oder die Frage des Verbleibs von Atommüll. Am Samstag soll das Unterhaus erneut abstimmen.

Übergangsphase
In einer Übergangsphase nach dem Brexit bleibt Grossbritannien im EU-Binnenmarkt und der Zollunion, um einen harten Schnitt für die Wirtschaft zu vermeiden. Dieser Zeitraum dauert bis zum 31. Dezember 2020 - kann aber einmal um bis zu zwei Jahre bis Ende 2022 verlängert werden.
London muss solange weiter das EU-Regelwerk anerkennen und Mitgliedsbeiträge zahlen, ohne selbst noch Stimmrecht zu haben. Die britische Regierung darf ihrerseits bereits «internationale Abkommen» im Handelsbereich schliessen, sofern diese erst nach der Übergangsphase in Kraft treten.

Rechte der Bürger
In Grossbritannien leben gut drei Millionen Menschen aus anderen EU-Staaten, in der EU mehr als eine Million Briten. Sie haben das Recht zu bleiben, zu arbeiten oder zu studieren. Auch Ansprüche bei Krankenversicherung, Renten und sonstigen Sozialleistungen werden garantiert - selbst wenn die Bürger in ein anderes Land umziehen. Dasselbe gilt für Bürger, die während der Übergangsphase ankommen.

Finanzverpflichtungen
Grossbritannien muss alle Finanzverpflichtungen erfüllen, die es während seiner Mitgliedschaft eingegangen ist - auch wenn diese über das Austrittsdatum und die Übergangsphase hinausreichen. Eine genaue Summe ist noch nicht festgelegt, sondern nur eine Berechnungsmethode. Die britische Regierung schätzt die daraus resultierenden Verpflichtungen auf 35 bis 39 Milliarden Pfund (40,3 bis 44,9 Milliarden Euro).
Gibraltar
Auf das britische Gebiet im Süden der iberischen Halbinsel erhebt auch Spanien Anspruch. In einem Protokoll des Austrittsvertrags wird geregelt, dass tausende Pendler aus Spanien weiter problemlos in Gibraltar arbeiten können - und wie mit Steuerfragen oder Fischereirechten umgegangen wird. London und Brüssel sichern zu, vor Vereinbarungen zu den künftigen Beziehungen, die das Gebiet betreffen, die Zustimmung Spaniens einzuholen.

Atommüll
Mit dem Brexit tritt Grossbritannien auch aus der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) aus. Dabei geht es neben der Versorgung von Kraftwerken und medizinischen Einrichtungen mit spaltbarem Material auch um die Zuständigkeit für Atommüll. Für ihn ist laut Vertrag das Land zuständig, in dem das Material erzeugt wurde.
Geschützte Herkunftsbezeichnungen
Die mehr als 3000 geografischen Herkunftsbezeichnungen der EU wie Parma-Schinken, Feta-Käse oder bayerisches Bier bleiben in Grossbritannien weiter geschützt. Zur Anerkennung neu hinzukommender Bezeichnungen ist London aber nicht verpflichtet.

Streitschlichtung
Kommt es zu Streitfällen über die Austrittsvereinbarung, entscheidet ein Schiedsgremium, dessen Beschlüsse bindend sind. Es kann dabei den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen und bei Verstössen Geldbussen verhängen. Hält sich eine Seite nicht an den Schiedsspruch, kann die andere je nach Verstoss Teile des Austrittsabkommens aussetzen.