Anarchie im Zentrum von Paris: Der Proteste der «Gelbwesten»-Bewegung sind am Samstag in massive Gewalt ausgeartet.
Gewalttätige Demonstranten in Paris
Gewalttätige Demonstranten in Paris - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Gewalt eskaliert mit Plünderungen und Brandstiftungen.

Randalierer plünderten auf dem Prachtboulevard Champs-Elysées Geschäfte und setzten sie in Brand. Sie errichteten brennende Barrikaden und zündeten eine Bankfiliale an. Beim Brand des darüber liegenden Wohnhauses wurden elf Menschen verletzt. Innenminister Christophe Castaner bezeichnete die Randalierer als «Mörder». Präsident Emmanuel Macron brach einen Kurzurlaub ab und kehrte nach Paris zurück.

Über den Boulevards im Herzen der Hauptstadt stieg Rauch auf, Tränengasschwaden zogen durch die Strassen. Eine derartige Gewaltbereitschaft bei «Gelbwesten»-Protesten hatte es zuletzt im Dezember gegeben. Bis zum Abend nahm die Pariser Polizei mehr als 230 Menschen fest.

Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Kundgebungsteilnehmer in Paris am Abend auf 10.000. In der Vorwoche waren es nur 3000. Landesweit nahmen nach Ministeriumsangaben 32.300 Menschen an den Protesten teil, etwas mehr als eine Woche zuvor. Vertreter der «Gelbwesten» sprachen auf Facebook von 230.766 Teilnehmern.

5000 Polizisten waren allein in Paris im Einsatz. Rund sieben Stunden lang versuchten sie, mit Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfern die Demonstranten zurückzudrängen.

Auf den Champs-Elysées rissen Randalierer Pflastersteine aus der Strasse und zertrümmerten damit Fensterscheiben von Boutiquen, Restaurants und Cafés. Sie warfen geplünderte Kleidungsstücke und Kaffehausmobiliar auf brennende Barrikaden, wie AFP-Reporter berichteten. Dabei skandierten sie «Revolution!» und «Das ist die Apokalypse».

Die Demonstranten setzten ausserdem eine Bankfiliale im Erdgeschoss eines Wohngebäudes in Brand. Eine Frau und ihr Baby waren im zweiten Stock von den Flammen eingeschlossen und mussten von der Feuerwehr gerettet werden. Elf Menschen wurden bei dem Brand verletzt, unter ihnen zwei Feuerwehrleute.

Eine Frau, der mit ihren vier Kindern die Flucht durch das Treppenhaus aus dem dritten Stock gelang, sagte AFP mit tränenerstickter Stimme: «Erst haben wir das Tränengas gerochen, dann sahen wir die Flammen vor den Scheiben.» Ihr Partner sagte: «Sie hätten jemanden umbringen können.»

Auf den Champs-Elysées wurden unter anderem an einem Geschäft der Modekette Boss und am Promi-Restaurant Fouquet's Scheiben eingeschlagen. Auch Geschäfte von Zara und Lacoste wurden geplündert, Ladenlokale von Lacoste und Nespresso angegriffen. Ein Laden der Luxustaschen-Marke Longchamp wurde angezündet, ebenso ein auf Meeresfrüchte spezialisiertes Restaurant.

Randalierer drangen zudem in den Fanshop des Fussballvereins Paris Saint-Germain ein. Von dort schossen sie Fussbälle in die Menschenmenge, die sich vor dem Geschäft versammelt hatte. Ähnliche Szenen spielten sich kurz darauf vor der Filiale des Schmuckherstellers Swarovski ab. Mehrere Zeitungskioske brannten aus.

Frankreichs Innenminister Christophe Castaner warf den Brandstiftern vor, sie seien weder Demonstranten noch Randalierer, sondern Mörder. Castaner sagte weiter, einige Teilnehmer seien offensichtlich «nur angereist, um Sachen zu zerstören». es gebe einen harten Kern von «über 1500 ultra-gewalttätigen Menschen».

Präsident Macron brach einen kurzen Ski-Urlaub in den Pyrenäen ab und kehrte nach Paris zurück. Am späten Abend wollte er das Kriseneinsatzzentrum besuchen.

Teilnehmer der Kundgebung in Paris versuchten, die Gewalt zu rechtfertigen. «Wir waren zu nett, darum die Gewalt heute», kommentierte ein Demonstrant die Vorfälle. Ein anderer sagte: «Das hier ist nicht schön, aber nur so können wir uns Gehör verschaffen.»

Die Teilnehmerzahlen waren zuletzt deutlich gesunken. Vor einer Woche gingen in ganz Frankreich nur noch 28.000 Menschen auf die Strasse - ein deutlicher Kontrast zu den fast 300.000 Menschen beim ersten Protestmarsch im November.

Parallel zu den Demonstrationen endeten die Diskussionsrunden, zu denen Macron die Bürger unter dem Eindruck der Proteste aufgerufen hatte. In den vergangenen zwei Monaten waren rund 500.000 Menschen zu den landesweiten Gesprächen gekommen. Die «Gelbwesten» hatten die Veranstaltungsreihe als Ablenkungsmanöver abgelehnt.

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