Trotz Pannen: Berlin-Wahl wird nicht wiederholt
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz zahlreicher Pannen bei den Wahlen am Sonntag sieht der Berliner Senat bisher keinen Anlass für eine Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl.
«Aus dem, was dem Senat bisher bekannt ist, ergeben sich noch keine Anhaltspunkte dafür, dass so schwerwiegende Fehler da sind, dass eine Wahlwiederholung unmittelbar bevorsteht», sagte Christian Gaebler (SPD), Chef der Senatskanzlei, am Dienstag nach der Senatssitzung. «Wir sollten in Ruhe abwarten, bis das analysiert ist.»
Eine vollständige Aufklärung der Probleme wird noch eine Zeit dauern. Bisher gebe es keinen kompletten Überblick, sagte Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin. Wegen der Abfragen bei den zwölf Berliner Bezirken, die wiederum bei den Wahlvorständen der zahlreichen Wahllokale Informationen einholen müssten, werde das nicht schnell gehen. Diese Woche werde noch kein Ergebnis dazu vorliegen.
Auch Gaebler räumte ein, dass die Organisation vor Ort an einigen Stellen offensichtlich an Grenzen gekommen sei. «Das wird von der Landeswahlleiterin und den Bezirkswahlleitern und -leiterinnen aufzuarbeiten sein.» Wenn dieser Bericht vorliegt, werde der Senat sehen, wo in Zukunft bei Wahlen noch mehr Unterstützung erforderlich sei.
In Berlin, wo Bundestagswahl, Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten sowie ein Volksentscheid kombiniert waren, mussten manche Wähler am Sonntag teilweise noch bis weit nach 18.00 Uhr warten. Viele Wähler brauchten wegen der fünf verschiedenen Stimmzettel wohl lange für ihre sechs Kreuze. Mancherorts fehlten Stimmzettel. Vormittags lief zudem der Berlin-Marathon. Der Bundeswahlleiter forderte einen Bericht von der Landeswahlleitung an. Eine Anfechtung der Wahl wäre erst nach Feststellung des amtlichen Endergebnisses am 14. Oktober möglich. Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte am Montag Probleme eingeräumt, personelle Konsequenzen aber abgelehnt.
Pannen gefährden "nicht zwangsläufig" Ergebnis
Nach Einschätzung von Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth gefährden die Pannen aber nicht zwangsläufig das Ergebnis der Bundestagswahl. Harbarth sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstag), nicht jeder Mangel führe zur Ungültigerklärung der Wahl. Selbst wenn möglicherweise die gesetzmässige Zusammensetzung des Bundestags berührt sein sollte, müsse eine Wahl nicht notwendig wiederholt werden. «Grundsätzlich gilt: Das Interesse an der Bestandserhaltung einer gewählten Volksvertretung ist gegen die Auswirkungen des Wahlfehlers abzuwägen.»
Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) registrierten die Pannen bei der Wahl in Berlin. Die Leiterin des Teams, das die Bundestagswahl in Deutschland beobachtete, Lolita Cigane, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag), aus den einzelnen Vorfällen in den Wahllokalen könnten sie keine Schlussfolgerungen für ganz Deutschland ziehen, «weil wir nicht alle Wahllokale beobachtet haben». Das Wahlbeobachter-Team der OSZE war mit vier Experten in Berlin unterwegs. In rund einem Monat will die OSZE laut RND ihren Bericht über die Bundestagswahl veröffentlichen.
Sondierungen ab Freitag
Unterdessen hält sich die Berliner SPD-Spitze weiter offen, mit wem sie eine neue Landesregierung bilden will. Ende der Woche soll es erste Gespräche geben. «Wir fangen am Freitag mit den Grünen an. Und dann mit den Linken. Also mit den bisherigen Koalitionspartnern», sagte Co-Parteichef Raed Saleh am Dienstag im rbb-Inforadio. Dann sollen FDP und CDU folgen. «Es ist eine Frage des Respekts, dass wir mit allen demokratischen Parteien reden.»
«Wir werden abwarten, was die Gespräche ergeben», sagte Saleh. Er halte nichts von Farbenspielen. «Sondern es geht um Inhalte.» «Und ich sage ganz deutlich: Wir haben in den letzten Jahren gute Politik gemacht. Wir haben jetzt aber Sondierungen für die neue Legislatur. Und da werden wir schauen, wie die Gespräche laufen.»
Die SPD gewann am Sonntag mit Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Offen ist dagegen, welche Regierung die Hauptstadt bekommt. Das vorläufige amtliche Endergebnis lässt mehrere Möglichkeiten zu, eine ist die Fortsetzung der bisherigen Koalition aus SPD, Linken und Grünen. Aber auch andere Dreierbündnisse etwa aus SPD, CDU und FDP sind denkbar.