2021: Im 90er-Jahre-Action-Thriller «Johnny Mnemonic» wird die Gesellschaft in unserem jetzt aktuellen Jahr beschrieben. Zeit für einen Faktencheck früherer Sci-Fi-Szenarien.
Europa-Premiere von «Star Wars: Die letzten Jedi» 2017 in London. Foto: Matt Crossick/PA Wire/dpa
Europa-Premiere von «Star Wars: Die letzten Jedi» 2017 in London. Foto: Matt Crossick/PA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • «Die Zukunft war früher auch besser», führte einst Karl Valentin die Verklärung der guten alten Zeit ins Absurde.

In vielen alten Science-Fiction-Filmen kommt die Zukunft dagegen düster daher.

Im 26 Jahre alten Film «Vernetzt - Johnny Mnemonic» wird unser jetziges Jahr 2021 gezeigt. Der in Kanada gedrehte Cyberpunk-Thriller mit Keanu Reeves, Dolph Lundgren, Ice-T, Udo Kier und Barbara Sukowa ist aus heutiger Sicht an vielen Stellen unfreiwillig komisch, zum Beispiel wenn das Fax noch eine wichtige Rolle im Ablauf spielt.

Immer wieder haben sich Filmemacher getraut, ihre Sci-Fi-Szenarien zu datieren, am berühmtesten wohl Stanley Kubrick mit seinem bis heute beeindruckenden Epos «2001: Odyssee im Weltraum» (1968) sowie Peter Hyams mit «2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen» (1984).

Wenn es nicht zu weit in der Zukunft liegt, können datierte Filmwerke schnell peinlich wirken, wenn alle feststellen, dass es doch keine Replikanten, kein Beamen, keine fliegenden Autos, keine Weltraumkolonien und keine Zeitreisen im betreffenden Jahr gibt. Oder die Welt eben doch nicht untergegangen ist wie im Katastrophenfilm «2012 - Das Ende der Welt» (2009) von Roland Emmerich.

Klar ist: Guten Science-Fiction-Filmen geht es gar nicht um die Zukunft und ein bestimmtes Jahr, sondern um Botschaften über die Gegenwart oder Themen wie die Grenzen menschlicher Intelligenz.

Das ist nicht zuletzt auch in den langlebigen Franchise-Reihen «Star Trek», «Planet der Affen» und der Fantasy-Märchen-Reihe «Star Wars» der Fall («Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis...»).

Noch besseres Beispiel: der bald 50 Jahre alte sowjetische Klassiker «Solaris» (1972) von Andrej Tarkowski. Neuverfilmt wurde das Ganze 2002 in den USA von Steven Soderbergh mit George Clooney und Natascha McElhone. Dem polnischen Romanautoren und Philosophen Stanisław Lem gefiel jedoch keine Verfilmung seines Stoffs.

Ein anderes Beispiel für Filme, die über das Gezeigte hinausweisen, ist «Matrix» von 1999. Das philosophisch angehauchte Werk handelt von einem Maschinenkrieg - der wahrscheinlich im Jahr 2199 seinen Höhepunkt erreicht, aber das wissen die Figuren im Film auch nicht so genau. Es geht um die Befreiung der Menschen aus einer Scheinwelt.

«Gattaca» (1997) behandelt dagegen «futuristische» Gentechnologie, wegen der nur noch gesunde Superbabys zur Welt kommen. Vom selben Drehbuchautor Andrew Niccol stammt auch «Die Truman Show» (1998) mit Jim Carrey, der die Auswüchse des Reality-TV vorwegnahm.

Manchmal lassen Filmemacher ihre Zukunftsszenarien lieber über eine nicht näher bestimmte nahe Zukunft hereinbrechen, wie vor 25 Jahren der Katastrophenfilm «Independence Day» oder vor 23 Jahren «Armageddon - Das jüngste Gericht» oder auch die eher philosophischen Werke «Contact» (1997) mit Jodie Foster und «Arrival» (2016) mit Amy Adams.

Der erste «Mad Max»-Film von 1979 mit einer auf der Ölkrise aufbauenden Apokalypse spielt «a few years from now», also mutmasslich Mitte der 80er Jahre. Alles Folgende ist im Ablauf ziemlich wirr.

Auch die Reihe «Die Tribute von Panem», die sich in einem künftigen totalitären Staat auf dem Gebiet der USA ereignet, datiert ihre Zeit nicht genau. Es ist jedoch wohl so viele Jahre vom Jetzt entfernt, dass wir das nicht kontrollieren können. Unkontrollierbar ist auch Ridley Scotts Klassiker «Alien - Das unheimliche Wesen» aus einer fremden Welt» (1979) mit Sigourney Weaver. Er spielt im Jahr 2122.

Das Tempo der Weiterentwicklung der Raumfahrt wurde oft von Autoren überschätzt, etwa in «Banditen auf dem Mond» (Original: «Moon Zero Two», 1969) mit einer Kolonie auf dem Mond und «Mission to Mars» (2000) über einen bemannten Flug auf den Roten Planeten. Beide Filme spielen 2020. Terry Gilliams «12 Monkeys» mit weiten Teilen der Handlung im Jahr 2035 und einigen Zeitreisen dürfte Dystopie bleiben, das Werk «Der Marsianer - Rettet Mark Watney» (2015), das mutmasslich in den 2030ern spielt, Utopie.

Im zweiten Teil der «Zurück in die Zukunft»-Trilogie (1989) mit Michael J. Fox gibt es im Jahr 2015 immerhin Flachbildschirme, tragbare Telefone und Bildtelefone. Fliegende Autos und fliegende Skateboards (Hoverboards) waren dagegen zu fantasievolle Ideen.

Der Original-«Blade Runner»-Film von 1982 stellt das Leben im Jahr 2019 vor und lag ziemlich daneben. Die Fortsetzung von 2017 trägt ihr Jahr schon im Titel: «Blade Runner 2049».

Auch der neue Netflix-Film «Midnight Sky» von und mit George Clooney ist 2049 angesiedelt, der Sci-Fi-Film «Event Horizon - Am Rande des Universums» (1997) von Paul W. S. Anderson im Jahr 2047, der Sonnenverfinsterungsfilm «Sunshine» (2007) von Danny Boyle 2057 und das australische Klimawandel-Sauerstoffmangel-Drama «2067 - Kampf um die Zukunft» (2020) weitere zehn Jahre später sowie im Jahr 2474.

«Rollerball» (1975) präsentierte einst ein fiktives 2018 mit übermächtigen Konzernen und dem brutalen Sport Rollerball zur Ablenkung der Massen, «Running Man» mit Arnold Schwarzenegger ein fiktives Jahr 2017 mit totalitären USA und einem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel für verurteilte Verbrecher im Fernsehen.

Apropos TV: Die BBC-Serie «Years and Years» (2019) spielt in einem dystopischen Grossbritannien zwischen 2019 und 2034. In der Prime-Video-Comedyserie «Upload» (2020) können sich Menschen 2033 in ein von ihnen ausgewähltes Leben nach dem Tod hochladen lassen.

Zurück zu 2021. In John Krasinskis «A Quiet Place» (2018) mit Emily Blunt (Fortsetzung soll noch 2021 kommen) kämpft eine Familie im Jahr nach der Invasion extrem gut hörender Monster in aller Stille ums Überleben. In Thomas Vinterbergs Thriller «It's All About Love» (2003) wird die Welt von plötzlichen Klimaveränderungen heimgesucht wie etwa Schneefall im Sommer in Venedig.

Im brutalen Actionfilm «Johnny Mnemonic» dominieren im Jahr 2021 High-Tech-Konzerne die Welt. Facebook und Google lassen grüssen. Untergrund-Hacker bekämpfen die Übermächte. Johnny (Keanu Reeves) arbeitet mit seinem Gehirn als Datenschmuggler. Dafür opfert er eigene Erinnerungen. Diesmal transportiert er - überladen im Kopf - die Infos zur Herstellung eines Heilmittels für die Krankheit NAS, an der die Hälfte der Weltbevölkerung leidet. Der Konzern Pharmakom jagt Johnny, weil der Vertrieb einer Unterdrückungsmedizin deutlich lukrativer ist als die Heilung.

Und was ist mit dem kommenden Jahr? 2022 spielt zum Beispiel «The Purge - Die Säuberung» (2013) mit Ethan Hawke, aus dem eine Reihe und Serie hervorging. In einem dystopischen Amerika sind einmal im Jahr alle Verbrechen inklusive Mord legal, um die Kriminalitätsrate und Arbeitslosenzahlen niedrig zu halten.

Der Öko-Thriller «Soylent Green» (1973) mit Charlton Heston trägt auch den deutschen Titel «Jahr 2022... die überleben wollen». Darin leben 2022 in New York etwa 40 Millionen Menschen. Es mangelt an gutem Essen und Trinken und Wohnraum. Lediglich wenige Reiche können sich echte Lebensmittel leisten. Für die Massen gibt es die künstlichen Nahrungsmittel Soylent Rot und Gelb und neuerdings Grün.

Auf New York bezogen stimmt das Szenario vielleicht nicht, doch global gesehen sind Überbevölkerung und Ressourcenmangel natürlich hochaktuell. Am Ende steht die gruselige Erkenntnis: «Soylent Grün ist Menschenfleisch.»

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