Maotai ist Chinas Schnaps-Klassiker. Doch die Marke hat zu kämpfen – und spiegelt damit wider, wie es Land und Leuten geht.
Kreuzung im zentralen Geschäftsviertel von Peking. Chinas wirtschaftliche Erholung verliert weiter an Schwung.
Kreuzung im zentralen Geschäftsviertel von Peking. Chinas wirtschaftliche Erholung verliert weiter an Schwung. - Mark Schiefelbein/AP/dpa

Wer in Chinas Geschäftswelt so richtig auf den Putz hauen will, stellt zum abendlichen Gelage eine Flasche Maotai auf den Tisch. Die chinesische Luxusmarke aus der südwestlichen Provinz Guizhou ist der mit Abstand berühmteste Schnaps in der Volksrepublik. So gut wie jeder Chinese kennt ihn, doch nur wenige kommen in den Genuss des bis zu 53-prozentigen Tropfens.

Besonders gerne griffen wohlhabende Kunden aus der Immobilien- und Finanzwelt zu – oder Staatsbedienstete. Doch in diesen Bereichen dürfte den Leuten schon länger weniger zum Feiern zumute sein.

Kweichow Moutai, wie der staatliche Betrieb nach alter Schreibweise offiziell heisst, ging es jahrelang blendend. Auch im Ausland ist der Luxusschnaps erhältlich. Seit dem Börsengang 2001 kannte der nach Marktkapitalisierung grösste Spirituosenhersteller der Welt parallel zu Chinas Wirtschaftsboom nur den Weg nach oben. Doch in den vergangenen Jahren ging es auf dem Parkett tendenziell abwärts. Investoren dürften deshalb genau hinsehen, wenn Maotai in dieser Woche seine Quartals-Ergebnisse veröffentlicht.

Denn Maotai scheint zu wanken. Eine Anfrage beantwortete das Staatsunternehmen nicht, da die lokale Propaganda-Behörde eine erforderliche Genehmigung nicht erteilte. Mitte September kostete eine Flasche des Verkaufsschlagers Feitian Maotai im Fachhandel umgerechnet zwischen 300 und 325 Euro.

Das war wenig, gemessen daran, dass das Mondfest nahte, zu dem der Schnaps gerne gekauft wird. Der Rückgang von Konsum und Nachfrage nach Hochprozentigem habe zum Verfall des Maotai-Preises beigetragen, sagt Analyst Guo Shiliang von der Plattform Jing. Der Marktexperte verweist darauf, dass der Preis zuvor lange deutlich angestiegen war.

Chinas Regierung steuert hastig mit Konjunkturmassnahmen gegen

Die strahlende Schnapsfirma ist ein Beispiel wie viele Unternehmen durch die Immobilienkrise, den schwachen Arbeitsmarkt und die damit einhergehende Konsumflaute in den Abwärtssog gerieten. Auch die Stimmung unter den deutschen Firmen in China ist schlecht. Laut der deutschen Handelskammer blicken viele wenig optimistisch auf ihr Geschäft in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt.

Zudem liessen die jüngsten Konjunkturdaten aus der vergangenen Woche die Zweifel, China könnte sein selbst gestecktes Wachstumsziel von rund fünf Prozent in diesem Jahr nicht erreichen, kaum verfliegen. Die Regierung will nun hastig mit Konjunkturmassnahmen gegensteuern, was für Euphorie in der Wirtschaftswelt sorgte.

Doch Analysten sehen darin eher einen kurzfristigen Antrieb. Um die Märkte langfristig wieder wachsen zu sehen, brauche es strukturelle Wirtschaftsreformen und Unterstützung durch Staatsausgaben, schrieb das chinesische Wirtschaftsmagazin «Caixin».

Maotai braucht mehr Kundschaft in einer Zeit, da die Leute weniger Geld für den hochpreisigen Schnaps aus Hirse und Weizen haben. Bei jungen Chinesen sind die ausgedehnten Trinkgelage mit Hochprozentigem zudem nicht mehr so beliebt wie früher. Die Jahrhunderte alte Traditionsmarke versuchte deshalb, mit Getränke-Variationen auch das jüngere Publikum anzusprechen. Doch ob die neuen Produkte für die Firma das Ruder rumreissen, muss sich erst noch zeigen.

Maotai galt lange als beliebtes Bestechungsmittel

Den Schnapsbrenner traf zudem die seit Jahren laufende Anti-Korruptionskampagne von Staats- und Parteichef Xi Jinping. In diesem Jahr kam erneut ein Ex-Maotai-Chef unter die Räder: In Guizhou verurteilte ein Gericht Gao Weidong zu lebenslanger Haft, weil er über viele Jahre als Firmenboss und in anderen Provinzämtern Bestechungsgelder in Höhe von mehr als 110 Millionen Yuan (rund 14,1 Millionen Euro) angenommen haben soll – unter anderem dafür, anderen Leuten den schwer erhältlichen Schnaps zu besorgen.

Wegen seines hohen Preises galt Maotai nämlich lange als beliebtes Bestechungsmittel. Viele Beamte dürfen ihn nicht mehr als Geschenk annehmen, Lokalregierungen strichen den Schnaps bei ihren offiziellen Empfängen von der Karte. Auch Staatsunternehmen stellten sich um, wie Mitarbeitende verschiedener Firmen hinter vorgehaltener Hand erzählen.

Firmenchefs geben demnach etwa weniger Geld für Bankette für Regierungsbeamte aus, weshalb auch weniger Maotai auf den Tisch kommt. Eine Angestellte schildert, mit Maotai gesehen zu werden, könne heikel sein, vor allem wenn man zum Beispiel im Beschaffungswesen arbeite. Das habe nichts mit der Wirtschaft zu tun hat, sagt sie. Maotai sei «eine harte Währung».

Manche Chinesen trinken den Schnaps nämlich gar nicht. Dass das Getränk laut Kennern keine Kopfschmerzen bereitet und weniger schädlich für die Leber als andere chinesische Schnäpse sein soll, hilft da wohl kaum. Viele lagern die Flaschen stattdessen über Jahre als Investment, um sie später gewinnbringend zu verkaufen.

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