Die US-Regierung stuft die Gräueltaten an der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar formell als Völkermord ein.
Aus Myanmar vertriebene Kinder der Rohingya warten in einem Flüchtlingslager in Bangladesch auf Nahrungsmittel.
Aus Myanmar vertriebene Kinder der Rohingya warten in einem Flüchtlingslager in Bangladesch auf Nahrungsmittel. - Dar Yasin/AP/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Vergehen in Myanmar wurden von der US-Regierung offiziell als Völkermord betitelt.
  • Tausende Menschen werden vertrieben – wenn sie dort nicht bereits getötet werden.
  • Die Rohingya werden verfolgt, vergewaltigt und ermordet. Deren Häuser werden zerstört.

Er sei zu der Feststellung gelangt, dass Angehörige des Militärs in Myanmar «Völkermord an den Rohingya begangen haben». Dies sagte US-Aussenminister Antony Blinken am Montag bei einer Rede im Holocaust-Museum in Washington. Zudem seien mehrere Verbrechen gegen die Menschlichkeit festgestellt worden.

«Diese Entscheidung habe ich auf der Grundlage einer vom Aussenministerium erstellten faktischen Bewertung und rechtlichen Analyse getroffen.» Darin eingeflossen seien Dokumentationen von Menschenrechtsorganisationen ebenso wie eigene Erkenntnisse der US-Regierung.

Geflüchtete leben in Lagern in Bangladesch

Die Rohingya werden in ihrem Heimatland Myanmar brutal verfolgt. Myanmars Militär soll Tausende Menschen ermordet, sowie Frauen und Kinder vergewaltigt haben. Zudem sollen Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und Menschen lebendig in ihren Häusern verbrannt worden sein.

Mehr als 700'000 Menschen flohen 2017 aus Furcht vor Übergriffen des Militärs in dem mehrheitlich buddhistischen Land ins Nachbarland Bangladesch. Dort leben sie nun in überfüllten Lagern.

Blinken betonte: «Der Angriff auf die Rohingya war weit verbreitet und systematisch. Das ist für die Feststellung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit entscheidend. Die Beweise deuten auch auf eine Absicht hinter diesen Gräueltaten hin, nämlich, die Rohingya ganz oder teilweise zu vernichten.»

Demokratie beginnt bei Menschenrechten für alle

Der Minister kritisierte die Militärs, die sich im vergangenen Jahr an die Macht geputscht hatten. «Niemand ist unter ihrer Herrschaft vor Gräueltaten sicher. Und so erkennen immer mehr Menschen in Birma (Myanmar), wie diese Krise beendet und die Demokratie wiederhergestellt werden kann. Und zwar mit der Gewährleistung der Menschenrechte aller Menschen im Land – einschliesslich der Rohingya

An die Adresse derjenigen, die die Gräueltaten begangen hatten, sagte Blinken: «Es wird der Tag kommen, an dem sich die Verantwortlichen für diese schrecklichen Taten dafür verantworten werden müssen.»

Schritt war schon längst notwendig

Menschenrechtsgruppen forderten die US-Regierung seit langem dazu auf, die Gräueltaten als Genozid zu bezeichnen. Die Regierungen von US-Präsident Joe Biden und seinem Vorgänger Donald Trump hatten diesen Schritt bislang vermieden. Sie haben allerdings eine Vielzahl an Sanktionen gegen Myanmar verhängt.

Die Menschenrechtsorganisation «Burma Human Rights Network» (BHRN) begrüsste die Ankündigung als «positiven Schritt». Jedoch monierte sie, dieser sei längst überfällig gewesen. Die Militärkampagne gegen die Rohingya sei von Massentötungen von Zivilisten, sexueller Gewalt und der vollständigen Zerstörung ganzer Dörfer geprägt gewesen. «Dieser Erklärung müssen weitere Massnahmen folgen», forderte der Gründer und Direktor der Organisation, Kyaw Win.

«Ein Militär, das Völkermord begeht, um eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen, hat keinen Platz in der zivilisierten Welt.» BHRN forderte, die Junta vollständig vom Zugriff auf Bargeld und Waffen abzuschneiden und «von der Weltbühne zu verbannen».

Militär wehrt sich gegen Anschuldigungen

Vor knapp zwei Jahren hatte der Internationale Gerichtshof in Den Haag Myanmarin einem Zwischenurteil zum sofortigen Schutz der Rohingya verpflichtet. Damals wies die damalige Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi vor dem höchsten UN-Gericht sämtliche Vorwürfe entschieden zurück.

Sie wurde nach einem Militärputsch von 2021 inhaftiert. Auch die international nicht anerkannte Militärführung in Myanmar wehrt sich vehement gegen die Anschuldigungen. Das Hauptverfahren in Den Haag wird sich vermutlich noch über Jahre hinziehen.

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