Die Taliban suchen gezielt nach Personen, die sie als ihre Feinde identifiziert haben – auch deren Familien sind betroffen. Das heisst es in einem UN-Bericht.
Kabul
Taliban-Kämpfer in Kabul. - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Die UN warnt in einem Bericht vor Racheaktionen der Taliban gegen gewisse Personen.
  • Betroffen sind vor allem Menschen mit Vergangenheit in Militär oder Polizei.
  • Demnach werden auch deren Familien nicht von den Islamisten verschont.
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Einem für die UN erstellten Bericht bezüglich Afghanistan zufolge sind die militant-islamistischen Taliban gezielt auf der Suche nach vermeintlichen Kollaborateuren. Sie drohen offen mit Repressalien für deren Familienmitglieder.

In dem vertraulichen vierseitigen Bericht des RHIPTO Norwegian Center for Global Analyses, der der Nachrichtenagentur DPA vorliegt, heisst es: Dem grössten Risiko seien Personen ausgesetzt, die wichtige Positionen im Militär, der Polizei oder anderen Ermittlungsbehörden eingenommen hatten.

Familie als Druckmittel

Die Beteuerungen der Taliban, keine Vergeltungsaktionen vornehmen zu wollen, hält der Leiter der Denkfabrik, Christian Nellemann, nicht für glaubhaft. «Sie versuchen einfach, die Leute an Ort und Stelle zu halten, um sie festnehmen zu können», so Nellemann auf DPA-Anfrage.

Dem Bericht zufolge hatten die Islamisten vor der Einnahme grösserer Städte Listen und Karten über den Aufenthalt festzunehmender Personen erstellt. Seien diese nicht auffindbar, würden Familienmitglieder stattdessen in Gewahrsam genommen oder mit Festnahme und sogar dem Tod bedroht. Als Beweis ist dem Bericht ein angeblicher Brief der Taliban an einen früheren hochrangigen Mitarbeiter der afghanischen Sicherheitskräfte angefügt. Darin heisst es, der Mann solle sich stellen, ansonsten sei er selbst für die Festnahme seiner Familienmitglieder verantwortlich.

Taliban
Die Taliban patrouillieren durch Kabul, auf der Suche nach ehemaligen Widersachern. - Keystone

Laut Bericht intensivieren die Taliban das Sammeln von Informationen über ehemalige Regierungsmitarbeiter. Dies, indem sie Informanten rekrutieren sowie Händler und Moscheen kontaktieren. Der Fokus westlicher Nationen auf die Rückholung ihrer eigenen Staatsbürger werde ausgenutzt, um gezielt Afghanen ins Visier zu nehmen.

Gewarnt wird vor einer zunehmend engmaschigen Suche an Checkpoints in Kabul. Dies könne dazu führen, dass die Hauptstadt Kabul innerhalb der kommenden Tage komplett abgeriegelt werde. Damit wäre das Verlassen der Stadt deutlich schwieriger.

Festnahme westlicher Staatsbürger möglich

«Die Taliban suchen nach Schlüsselpersonen, die zum Flughafen gelangen wollen. Sie haben Checkpoints an allen Hauptstrassen errichtet und um die wichtigen Städte herum. Auch in Kabul und Dschalalabad, einschliesslich der Autobahnen», heisst es in dem Bericht.

Im schlimmsten Fall werde es zu öffentlichen Exekutionen kommen. Auch die Festnahme westlicher Staatsbürger und medizinischer Helfer sei nicht ausgeschlossen.

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