Der ehemalige US-Aussenminister Henry Kissinger ist nach seinem Tod international als herausragender Diplomat mit grossem Einfluss auf die Weltpolitik gewürdigt worden.
Kissinger
Henry Kissinger ist gestorben. - keystone

Henry Kissingers Tod führte zu internationalen Anerkennungen seiner Rolle als bedeutender Diplomat mit starkem Einfluss auf die Weltpolitik. Der Deutschamerikaner starb am Mittwoch im Alter von 100 Jahren in seinem Zuhause im Bundesstaat Connecticut, wie die Kommunikationsagentur der Beratungsfirma Kissinger Associates der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

Kissinger gilt als einer der bedeutendsten Diplomaten des 20. Jahrhunderts. Seine Spezialität war die Geheimdiplomatie. Zu seinen grössten Erfolgen zählt die Annäherung der USA an China Anfang der 1970er-Jahre. Doch Kissingers Karriere hatte auch Schattenseiten.

Er habe die amerikanische Aussenpolitik «wie nur wenige andere» geprägt«, schrieb der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag auf der Online-Plattform X und hob auch Kissingers Bedeutung für die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA hervor. Kissinger, der 1923 in Franken geboren wurde, sei seiner deutschen Heimat stets verbunden geblieben. «Die Welt verliert einen besonderen Diplomaten.»

«Kämpfer für Freiheit und Demokratie»

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobte Kissingers «diplomatische Strategie und Exzellenz». «Sein Einfluss und sein Vermächtnis werden bis weit ins 21. Jahrhundert hinein nachwirken», schrieb sie auf X. Als «Kämpfer für Freiheit und Demokratie» bezeichnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den früheren Aussenminister. Der Deutschamerikaner habe mit seiner Entspannungs- und Abrüstungspolitik «den Grundstein für das Ende des Kalten Krieges und für den demokratischen Wandel im Osten Europas» gelegt.

Heinz Alfred Kissinger war 15 Jahre alt, als seine jüdischen Eltern mit ihm nach New York flüchteten. Sein Aufstieg erinnert an die Idee des amerikanischen Traums: Nach Schule und Militär studierte er in Harvard; später lehrte er dort. 1969 berief ihn der damalige Präsident Richard Nixon zum Sicherheitsberater, später zum Aussenminister. In Sachen Aussenpolitik war er der einflussreichste Politiker in Washington.

Ein bedeutender Meilenstein seiner Karrie war die Vorbereitung der Reise Nixons nach China. In geheimer Mission reiste Kissinger 1971 zweimal in die Volksrepublik und ebnete den Weg für die Normalisierung der Beziehung – er wurde der gefeierte Architekt der amerikanisch-chinesischen Annäherung. Damit endeten seine diplomatischen Erfolge nicht. Kissinger handelte Abrüstungsverträge und Friedensabkommen aus und wurde zum Medienstar.

Kritiker: Ein reiner Machtpolitiker

Peking würdigte Kissinger am Donnerstag als Pionier und Erbauer der Beziehungen zwischen den USA und China. Auch aus Moskau kamen Worte des Lobes: «Ein weiser und weitsichtiger Staatsmann, der jahrzehntelang in der ganzen Welt wohlverdientes Ansehen genoss, ist verstorben», schrieb Präsident Wladimir Putin an Kissingers Witwe Nancy in einem Telegramm, das der Kreml veröffentlichte. Kissingers Name stehe für eine «pragmatische aussenpolitische Linie» in den 1970er-Jahren, die wichtige amerikanisch-sowjetische Abkommen ermöglicht habe.

Kritiker sahen in dem Aussenpolitiker einen reinen Machtpolitiker. Mehr als fragwürdig ist die Rolle, die er bei der geheimen Bombardierung Kambodschas spielte. Schwer wiegen auch die Vorwürfe wegen seiner Rolle beim Militärputsch 1973 in Chile. Kissinger musste sich auch immer wieder die Frage gefallen lassen, ob er wirklich auf die Beendigung des Vietnam-Kriegs gedrungen und ihn nicht eher, um Nixons Wahlchancen zu steigern, unnötig verlängert hat.

Kissinger hat sich auch nach seiner Zeit in Washington weiter in die Weltpolitik eingemischt – beriet etwa den damaligen Präsidenten George W. Bush. Dieser bezeichnete ihn nach seinem Tod als «eine der verlässlichsten und unverwechselbarsten Stimmen in Fragen der Aussenpolitik». Auch im hohen Alter äusserte Kissinger sich noch in Interviews und als Redner zu internationalen Themen. Seinen Kritikern kam er dabei keinen Schritt entgegen.

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