Geht es um Ruhm oder Patientenwohl?
Vorsichtige Zurückhaltung ist die Sache eines Sergio Canavero nicht. Er will der erste sein, der mit der Transplantation eines Menschenkopfes in die Geschichtsbücher eingeht. Fachkollegen sind wenig begeistert.
Wie die weltweit erste Kopftransplantation ablaufen soll, hat Sergio Canavero genau vor Augen: In einem mindestens 200 Quadratmeter grossen Operationssaal arbeiten Spezialisten an Spender und Empfänger, die fixiert in Metallgestellen sitzen. «100 Experten aus aller Welt werden diesen monumentalen Eingriff wagen», schreibt der italienische Neurochirurg in seinem Buch «Medicus Magnus».
Ursprünglich für 2017 angekündigt, solle nun im kommenden Frühjahr der Kopf eines schwerkranken Menschen auf den Körper eines hirntoten Spenders gesetzt werden. So zumindest kündigt es der Verlag mit Verweis auf Canavero an. Das wirkt vor allem deshalb so irrwitzig, weil jedwede wissenschaftliche Vorstufe fehlt: Weder wurden in den vergangenen Jahren massenhaft Tierköpfe erfolgreich verpflanzt, noch wurden reihenweise Menschen vermeldet, die nach Rückenmarksverletzungen geheilt wurden.

Das Wichtigste in Kürze
- Der italienische Neurochirurg Sergio Canavero wagt ein Novum: Er will den Kopf eines Menschen transplantieren.
- «Es geht hier um Ehrgeiz», so die Meinung eines deutschen Kollegen.
- Ob sein chinesischer Patient die Operation überleben wird, steht in den Sternen.
Neues wagen, Draufgänger sein
Ein Chinese werde derjenige sein, der einen anderen Körper unter seinen Kopf gesetzt bekommt, verkündet Canavero, und überwiegend chinesisch auch das Spezialistenteam. «China will mit der ersten Kopftransplantation seine Stellung als neue Supermacht auch in der Medizin untermauern.» Im Gespräch strotzen seine Sätze vor Superlativen, sein Projekt hält er für mindestens ebenso wichtig wie die Mondlandung.
«Es geht hier um Ehrgeiz und nicht um die Sache an sich», sagte Uwe Meier vom Berufsverband Deutscher Neurologen vor einiger Zeit zu Canaveros Ankündigungen. Dass dem Italiener vor allem am Ruhm gelegen sein dürfte, lässt er auch in seinem Buch durchblicken. Immer nur der erste, der etwas Neues wage, lande in den Geschichtsbüchern, schreibt er. «Um die Menschheit zu verändern, muss man mutig sein - manche sagen auch ein Draufgänger.»
Und der Patient? Hat der nicht ein hohes Risiko, beim Umsetzen seines Kopfes zu sterben? «Ja, hat er», schreibt Canavero. «Jede andere Aussage wäre nicht ehrlich.»