Erste gewählte Staatschefin Lateinamerikas stirbt
Nicaraguas frühere Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro ist im Alter von 95 Jahren in Costa Rica gestorben.

Nicaraguas ehemalige Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro, die erste gewählte Staatschefin in Lateinamerika, ist im Alter von 95 Jahren im Nachbarland Costa Rica gestorben. Das gab ihre Familie in einer Mitteilung bekannt, die die Zeitung «La Prensa» veröffentlichte.
Die «Präsidentin des Friedens», wie sie genannt wurde, führte den mittelamerikanischen Staat von 1990 bis 1997, nach ihrem überraschenden Wahlsieg über die Regierung der linken Sandinistischen Revolution unter Daniel Ortega. 2018 hatte sie einen Schlaganfall erlitten.
«Doña Violeta ist friedlich verstorben, umgeben von der Zuneigung und Liebe ihrer Kinder und der Menschen, die sich so liebevoll um sie gekümmert haben», hiess es in der Mitteilung.
Vom Hausfrau zur Präsidentschaftskandidatin
Die Ex-Präsidentin lebte zuletzt in der costa-ricanischen Hauptstadt San José mit einigen ihrer Kinder, die vom seit 2007 wieder regierenden Ortega ins Exil getrieben worden waren.
Die sterblichen Überreste von Barrios würden zunächst vorübergehend in San José ruhen, «bis Nicaragua wieder eine Republik wird und ihr patriotisches Vermächtnis in einem freien und demokratischen Land gewürdigt werden kann», sagte die Familie.
Bei der Präsidentenwahl 1990 konnte sich Barrios de Chamorro als Kandidatin der Opposition gegen den Ex-Guerillero und damals amtierenden Präsidenten Ortega durchsetzen. Seit 2007 ist der autoritär regierende Ortega wieder an der Macht und geht hart gegen Kritiker vor.
Seine Regierung beschlagnahmte unter anderem die Einrichtungen der historischen Zeitung «La Prensa» der Familie Chamorro.
Bis zur Ermordung ihres Mannes, des oppositionellen Journalisten Pedro Joaquín Chamorro, 1978 während der Diktatur von Anastasio Somoza, war Barrios eine Hausfrau gewesen.
Wirtschaftskrise und politischer Widerstand
Danach übernahm sie die Leitung der Zeitung und engagierte sich im Kampf für mehr Freiheiten.
Barrios wurde 1979 Mitglied der fünfköpfigen Regierungsjunta nach dem Sieg der Sandinistischen Revolution – ebenso wie Ortega. Neun Monate nach ihrer Ernennung schied Barrios enttäuscht aus. Sie wurde später Präsidentschaftskandidatin eines Oppositionsbündnisses.
Barrios führte Nicaragua in friedlichere Zeiten nach dem Guerillakampf gegen die Diktatur und dem anschliessenden von den USA unterstützten Contra-Krieg gegen die regierenden Sandinisten. Sie setzte sich als Ziel, das Land zu demokratisieren und zu versöhnen.
Inmitten einer tiefen Wirtschaftskrise und politischer Unruhen musste die Präsidentin jedoch viele Hürden überwinden. Nach ihrer Amtszeit verliess Barrios die Politik.