Vor 60 Jahren wurde der Südkoreaner Kim Ung-yong geboren. Mit fünf Jahren beherrschte er fünf Sprachen, mit acht studierte er Kernphysik, mit zehn arbeitete er für die Nasa. Aber wie viele Wunderkinder, sehnte er sich nach einem einfachen Leben.
Kim Ung-yong wird 60 Jahre alt. - Pexels
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Kims Vater war Professor der Physik und seine Mutter Professorin der Medizin.

Im Alter, in dem andere Kinder weder gehen noch sprechen können, beherrschte Kim Ung-yong Koreanisch sowie über 1000 chinesische Schriftzeichen. Mit fünf Jahren sprach er zusätzlich Englisch, Deutsch, Französisch und Japanisch. Mit acht offerierte ihm die Nasa einen Job, worauf er im Blitztempo seinen Doktor in Kernphysik machte.

Doch die Tätigkeit bei der Raumfahrtbehörde behagte ihm nicht: «Ich arbeitete wie eine Maschine, jeder Tag war eintönig und freudlos», erinnerte er sich. Ausserdem hatte er Heimweh. Doch in Südkorea war sein US-Studium nicht anerkannt. Er musste die gesamte Schullaufbahn durchlaufen und noch einmal studieren, was ihn aber nur wenige Jahre kostete. Danach wurde er allerdings «nur» Bauingenieur. Die Öffentlichkeit heulte auf: «das gescheiterte Wunderkind!». Der Job in der Baufirma mache ihn halt glücklich, antwortete er.

Zeitweise hielt Kim mit einem IQ von 220 den höchsten Wert im Guinness-Buch der Rekorde. Mittlerweile stehen drei «Klügere» vor ihm auf der Rangliste, darunter eine Frau. «Klüger» - nebenbei - heisst nicht «besser»: die in Nürnberg angeklagten Nazi-Verbrecher hatten IQs von 128 und drüber. Marilyn vos Savant hat mit 228 den weltweit zweithöchsten aktuell registrierten IQ. Mit Kim teilt sie die Vorliebe fürs weniger Hirnlastige: Sie ist Schriftstellerin.

Vos Savant wurde bekannt dadurch, dass sie in ihrer Zeitungsrubrik «Ask Marilyn» das sogenannte Ziegenproblem löste: Hinter drei Toren verbergen sich ein Preis und zwei Ziegen aus Pappe. Ein Kandidat darf zwei Mal wählen. Nachdem er auf ein Tor gezeigt hat, öffnet der Moderator - der weiss, was sich wo versteckt - ein Ziegentor. Soll der Kandidat nun wechseln? Ja, so Vos Savant. Denn das gewählte Tor hat immer noch eine Wahrscheinlichkeit von 1/3, das andere aber hat dank der Hilfe des Moderators nun die Wahrscheinlichkeit von 1/2.

Einer der berühmtesten Vorläufer von Kim Ung-yong und Marilyn vos Savant war der Amerikaner William James Sidis (1898-1944). Er «genoss» zusätzlich zu den guten Genen - beide Elternteile waren Akademiker - den Drill seines Vaters, eines Psychiaters. Bis zum achten Lebensjahr verfasste Sidis jr. vier Bücher und erlernte autodidaktisch acht Sprachen. Eine neunte, «Vendergood», war seine eigene Erfindung.

Mit neun wollte ihn sein Vater in Harvard immatrikulieren, was dem Kind nicht erlaubt wurde. Erst mit elf wurde Sidis zugelassen. Schon im ersten Studienjahr hielt er Vorlesungen über höhere Mathematik. Bald machte der Wunderknabe landesweit Schlagzeilen - sehr zu seinem Leidwesen. Er wurde von Medien belagert und von Kommilitonen gemobbt.

Mit 16 hatte er genug von der Uni und wandte sich vorübergehend der Politik zu. Als Initiant einer kommunistischen Jugendbewegung und Organisator von antikapitalistischen Kundgebungen kam er mehrmals in Haft. Danach zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück und verfasste nur noch Fachbücher. Sidis starb mit 45 an einer Gehirnblutung.

Noch viel jünger erlosch das möglicherweise erstaunlichste Wunderkind aller Zeiten: Der Lübecker Christian Henrich Heineken starb 1725 mit vier Jahren - man vermutet heute, an Zöliakie. Da er nichts ausser Muttermilch vertrug, stillte ihn seine Amme sein ganzes kurzes Leben lang. Als ihre Brust nicht mehr genug hergab, welkte der kleine Christian dahin. Er studierte zwar intensiv Ernährungsphysiologie, aber damals war seine Krankheit noch unbekannt

Heineken war bereits im Alter von zehn Monaten in der Lage gewesen, alle Gegenstände zu benennen und Bilder zu erklären. Bald darauf konnte er lesen und rezitierte lange Passagen aus der Bibel auswendig. Mit zwei Jahren beherrschte Heineken Latein und Französisch, mit drei verfasste er eine Geschichte Dänemarks. Auch in Geographie und Mathematik war er umfassend gebildet.

Auf der Rangliste der höchsten Durchschnitts-IQs steht die Schweiz mit 102 ex aequo mit den Niederlanden auf Platz sieben, hinter Singapur, Hongkong, Taiwan, Südkorea, Japan und China. Im 18. Jahrhundert war vor allem Basel mit Genies wie Leonhard Euler oder der Familie Bernoulli eine Hochburg der Mathematik.

Aber auch aktuell macht ein Schweizer Wunderkind Schlagzeilen: Der Zürcher Maximilian Janisch war als Erstklässler derart unterfordert, dass ihm drei Klassen geschenkt wurden. Mit neun Jahren legte er die Mathematik-Matura ab. Mit dem berühmten Sidis teilte er das Schicksal, dass man ihn zunächst nicht zum Studium zulassen wollte.

Immerhin rief die Universität Zürich für Janisch ein eigenes Förderprogramm ins Leben, sinnigerweise Junior Euler Society genannt. Als er zwölf war, immatrikulierte ihn die Universität Perpignan F, die weniger strenge Vorschriften hatte.

Mit 16 machte er dort das Lizenziat, erst danach legte er die volle Schweizer Matura ab und machte den Schweizer Bachelor. Im Moment doktoriert er in Zürich und arbeitet am Centre Suisse d'Electronique et de Microtechnique in Alpnach im Fachbereich Künstliche Intelligenz. Maximilian Janisch ist 19 Jahre alt.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Künstliche IntelligenzUniversität ZürichMathematikModeratorHeinekenHongkongHeimwehVaterNasaHaft