Seit vier Tagen herrscht in der Region Berg-Karabach Kriegszustand. Aserbaidschan will die Kämpfe bis zum Rückzug von Armenien fortsetzen.
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Foto der aserbaidschanischen Armee. - Azerbaijani Defence Ministry/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die verfeindeten Südkaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan haben sich den vierten Tag in Folge schwere Kämpfe um die Konfliktregion Berg-Karabach geliefert.

Mehr als 100 Tote in der Konfliktregion Berg-Karabach und erstmals wieder Kriegszustand in Aserbaidschan und Armenien. Die verfeindeten Südkaukasusrepubliken haben sich den vierten Tag in Folge schwere Kämpfe geliefert.

Aserbaidschan werde seine Militäroperation bis zu einem Rückzug Armeniens aus dem Gebiet fortsetzen. Dies sagte Staatschef Ilham Aliyev am Mittwoch in Baku. Erst dann werde es eine Waffenruhe geben.

Konflikt fordert mehr als 100 Todesopfer

Aufrufe zum Dialog seien deshalb sinnlos, Verhandlungen würden kein Ergebnis bringen. Bei den schwersten Kämpfen seit Jahrzehnten sind in Berg-Karabach nach offiziellen armenischen Angaben bereits mehr als 100 Menschen getötet worden.

Auf aserbaidschanischem Staatsgebiet sollen bei einem Angriff auf die Stadt Terter mindestens sieben Menschen verletzt und Gebäude zerstört worden sein. Das armenische Militär in Eriwan teilte mit, dass es an der gesamten Demarkationslinie um Berg-Karabach Artilleriefeuer gegeben habe.

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Das Standbild aus dem vom armenischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Filmmaterial. - dpa

Moskau will in dem Konflikt zwischen Baku und Eriwan vermitteln. Russische Friedenstruppen könnten mit einem UN-Mandat in die Region geschickt werden und eine Waffenruhe kontrollieren. Dies schlug der Vize-Chef des auswärtigen Ausschusses im Parlament, Dmitri Nowikow, vor.

Umstrittene Region Berg-Karabach

Die beiden Ex-Sowjetrepubliken kämpfen seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145'000 Menschen leben. Berg-Karabach wird von Armenien kontrolliert und gehört völkerrechtlich zum islamisch geprägten Aserbaidschan.

In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit Sonntag gibt es heftige Gefechte, die international grosse Sorge auslösten.

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In der Region um Berg-Karabach kommt es seit Jahren zu Konflikten zwischen Armenien und Aserbaidschan. - Keystone

Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums in Eriwan warf den Luftstreitkräften Aserbaidschans vor, Bombenangriffe auf Berg-Karabach zu fliegen. Dabei seien erneut türkische Kampfjets vom US-Typ F-16 eingesetzt worden. Zudem werde mit Raketen geschossen. Es seien Funksprüche in türkischer Sprache zwischen den Piloten abgefangen worden, sagte Arzrun Owanissjan in Eriwan.

Türkei unterstützt Aserbaidschan

Baku und Ankara hatten den Einsatz von F-16-Kampjets dementiert. Das aserbaidschanische Militär betonte, selbst ausreichend gerüstet zu sein. Die Türkei schliesst aber eine militärische Unterstützung nicht aus.

«Wir haben gesagt, dass wir natürlich mit allen Mitteln an der Seite von Aserbaidschan stehen werden. Wenn Aserbaidschan das auf dem Feld lösen will», sagte der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu.

Konflikt Berg-Karabach
Armenien Aserbaidschan Berg Karabach: Soldaten aus Aserbaidschan. - dpa

Zeitgleich rief der Kreml die Türkei erneut zur Zurückhaltung auf. Sowohl Russland als auch Frankreich hatten die Führung in Ankara zuvor in die Verantwortung genommen, auf Aserbaidschan einzuwirken. Es sei erwiesen, dass die ersten Schüsse am Sonntag aus Aserbaidschan gekommen seien, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron.

Genaue Opferzahl unbekannt

Offiziell wurden seitdem auf armenischer Seite 114 Menschen getötet. In Aserbaidschan sprachen die Behörden von offiziell zwölf getöteten Zivilisten. Vertreter beider Seiten behaupten aber auch, Hunderte Soldaten des jeweiligen Gegners getötet zu haben.

In Baku war am Mittwoch sogar von insgesamt 2300 armenischen Toten und Verletzten die Rede. Zudem soll ein Raketenabwehrsystem vom Typ S-300 zerstört worden sein. Armenien wies das zurück. Unabhängige Berichte zum Einsatz von Kampftechnik und zu Opfern gibt es nicht.

Konflikt in Berg-Karabach
Ein Mann steht in den Ruinen eines, Mehrfamilienhauses, das angeblich während der Kämpfe um die Region Berg-Karabach durch kürzliche Bombardierungen beschädigt wurde. - dpa

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg wies deshalb die Konfliktparteien an, jede Militäraktion zu vermeiden, die Zivilisten gefährden könnte. Die Kämpfe um die Region Berg-Karabach seien ein ernsthaftes Risiko für Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, hiess es. Beide Staaten gehören dieser an.

Armenien schaltet europäischen Gerichtshof ein

Armenien hatte das Gericht Anfang der Woche eingeschaltet. Mit dem Antrag wollte die Führung in Eriwan erreichen, dass das Nachbarland Angriffe auf zivile Siedlungen und die Zivilbevölkerung beendet.

Der UN-Generalsekretär António Guterres fordert Waffenruhe, Deeskalation der Spannungen und die sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen. Der UN-Sicherheitsrat unterstützt diese Forderungen.

In der Nacht auf Mittwoch hatten die 15 Mitglieder des Gremiums das Thema besprochen. Die Initiative dafür war von Deutschland und Frankreich ausgegangen. Guterres forderte die Wiederentsendung von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Region.

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