Völkermord in Ruanda –Menschenrechtsanwalt wird Chefankläger
Unter anderem war er Ankläger bei den UN-Tribunalen in Bezug auf den Völkermord in Ruanda. Der Brite Karim Khan wird nun Chefankläger des IStGH.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Internationale Strafgerichtshof hat mit Karim Khan einen neuen Chefankläger.
- Die Wahl war nicht eindeutig.
- Khan wird Chefanklägerin Bensouda ablösen.
- Die Vorgängerin ermittelte gegen mögliche Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Afghanistan.
Der künftige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ist kein Konsens-Kandidat: Erst im zweiten Wahlgang einigten sich die Mitgliedsstaaten des Gerichts am Freitag in New York auf den Menschenrechtsanwalt Karim Khan.
Karim Khan (50) wird im Juni die Nachfolge der bisherigen Chefanklägerin Fatou Bensouda antreten. Der Brite setzte sich in der zweiten Abstimmungsrunde mit 72 von 122 abgegebenen Stimmen gegen drei Konkurrenten durch.
Kopf-an-Kopf-Rennen
In der ersten Runde erreichte Khan keine Mehrheit, sondern landete nur knapp vor dem Iren Fergal Gaynor. Dieser hatte bereits in mehreren Verfahren vor dem IStGH Opfer vertreten, etwa bei Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan. Dazu in einem Verfahren gegen den kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta, das aus Mangel an Beweisen eingestellt wurde.
Der Brite Khan hatte zuletzt eine UN-Untersuchungskommission zu den Verbrechen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) geleitet. In dieser hatte er auf einen Prozess nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher gedrängt. Ausserdem vertrat Khan in der Vergangenheit den Sohn des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, Seif al-Islam.
Völkermord in Ruanda
Khan war zudem Ankläger bei den UN-Tribunalen zu Ruanda und Ex-Jugoslawien. Er wurde für eine Amtszeit von neun Jahren gewählt.
Im Juni wird er die derzeitige Chefanklägerin Bensouda ablösen. Diese hatte durch ihre Arbeit unter anderem den Zorn Washingtons auf sich gezogen. Dies aufgrund Ermittlungen gegen US-Soldaten wegen möglicher Kriegsverbrechen in Afghanistan.
Deswegen hatte die US-Regierung Anfang September Sanktionen gegen sie bekannt gegeben. Ebenfalls Sanktionen gab es gegen den Leiter der Abteilung für Gerichtsbarkeit, Komplementarität und Zusammenarbeit, Phakiso Mochochoko.
Wie geht es weiter bei Ermittlungen zu Afghanistan?
Zu den ersten Aufgaben des neuen Chefanklägers zählt daher, über die nächsten Schritte in den Afghanistan-Ermittlungen zu entscheiden. Ebenfalls für Streit sorgten Ermittlungen des Gerichtshofs zum israelisch-palästinensischen Konflikt im Gazastreifen 2014. Israel und die USA haben gegen die Nachforschungen zu mutmasslichen Kriegsverbrechen israelischer Soldaten und bewaffneter palästinensischer Gruppen protestiert.
In der vergangenen Woche erklärten die Richter in Den Haag jedoch ihre Zuständigkeit in den palästinensischen Gebieten für gegeben. Der Entscheidung waren fünfjährige Vorermittlungen auf Initiative Bensoudas vorausgegangen.
Bessere Zusammenarbeit mit neuer US-Regierung
Der neue US-Präsident Joe Biden hatte angedeutet, dem Gericht weniger konfrontativ begegnen zu wollen. Ob er die Sanktionen gegen Bensouda aufheben wird, liess er allerdings bisher offen.
Der im niederländischen Den Haag ansässige Internationale Strafgerichtshof ahndet Verbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er nahm seine Tätigkeit 2002 auf. Mächtige Staaten wie die USA, China und Russland gehören dem Strafgerichtshof nicht an. Zudem wird der IStGH kritisiert, die meisten seiner Ermittlungen bisher zu Konflikten in ärmeren Staaten in Afrika geführt zu haben.