US-Wahl könnte zum Nervenkrimi für die Märkte werden
Ob Harris oder Trump ins Weisse Haus einzieht, beeinflusst Branchen und Welthandel, besonders im Handelsstreit mit China.

Das Grossereignis des Jahres steht vor der Tür. Am morgigen Dienstag sind die Amerikaner aufgerufen, ihren neuen Präsidenten oder ihre erste Präsidentin zu wählen. Bis die Entscheidung dann wirklich feststeht, kann es aber durchaus länger dauern.
Denn vor Mittwochmorgen wird es kaum eine Tendenz geben. Die Wahllokale schliessen nach europäischer Zeit erst in der Nacht beziehungsweise am frühen Morgen. Zudem ist der Ausgang alles andere als klar.
US-Wahlen: Trump bei Wettbüros vorn
Während offizielle Umfragen weiterhin ein Kopf-an-Kopf Rennen besonders in den Swing States prognostizieren, sehen Wettbüros mittlerweile Trump deutlicher vorn. Eine längere Hängepartie ist derzeit so oder so mehr als wahrscheinlich. Und natürlich werden die US-Wahlen auch an den Finanzmärkten heiss diskutiert.
Denn ob Kamala Harris oder Donald Trump ins Weisse Haus einzieht, hat Auswirkungen für bestimmte Branchen oder sogar den Welthandel – gerade mit Blick auf den Handelsstreit mit China. Eine erhöhte Volatilität, bis ein Sieger endgültig feststeht, ist daher zu erwarten. «Unsicherheit ist einfach das grösste Gift für die Börse», heisst es denn auch aus dem Handel.
«Wenn sich der Staub dann etwas gelegt hat, lautet die Schlüsselfrage: Wie viel des geplanten Programms kann der Gewinner wirklich umsetzen und wann», kommentiert Jonas Goltermann, Marktstratege bei Capital Economics in einer aktuellen Studie. Bei Trump geht er davon aus, dass viele Ideen verwässert würden, unter dem Strich aber zu schwächerem Wachstum und höherer Inflation sowie einer restriktiveren Geldpolitik führen würden.
Unberechenbare Politik könnte Inflation und Staatsverschuldung treiben
Insgesamt stellt Trump für die Märkte einen vergleichsweise grösseren Unsicherheits- und damit Risikofaktor dar, heisst es auch von anderer Seite. Er sei der deutlich unberechenbarere Kandidat, meint etwa die ZKB in einer Analyse. Sollte Trump dann zudem noch beide Kammern im Kongress kontrollieren, bestünde die Gefahr, dass er den Spielraum bekomme, um mit seiner Politik «zu weit zu gehen», so ZKB Investment-Stratege Felix Jäger weiter.
«Das könnte zu einer weiteren Verschlechterung des Haushalts, zu starker wirtschaftlicher Abschottung und aussenpolitischen Alleingängen führen. Mittelfristig wäre Trump also die riskantere Wahl für den Aktienmarkt», meint er. Hingegen müsste laut Raiffeisen Schweiz davon ausgegangen werden, dass unabhängig davon, wer ins Weisse Haus einzieht, die Staatsverschuldung der USA weiter ansteigt.
Das sollte entsprechend Druck auf den US-Dollar ausüben. Gleichzeitig ruft gemäss der ZKB eine solch expansive Fiskalpolitik die US-Notenbank Fed auf den Plan. Diese müsste dann der inflationär wirkenden Politik mit einer restriktiven Geldpolitik Gegensteuer geben. Und das ist eigentlich genau das, was Trump nicht will.
«Politische Börsen haben kurze Beine»
Dennoch dürfte Trump die Notenbank nicht aktiv angreifen, sind sich die Experten einig. Karsten Junius von J. Safra Sarasin erwartet eher, dass Trump das Fed permanent kritisieren und für schlechte wirtschaftliche Entwicklungen verantwortlich machen würde. Zudem könne er Fed-Chef Jerome Powell erst im Mai 2026 nach Ablauf seiner Amtszeit absetzen, ergänzt ZKB-Experte Jäger.
Und auch wenn Trump wohl gerne einen Kandidaten einsetzen wolle, der eine lockerere Geldpolitik verspräche, hätte er dafür wenig Spielraum. «Die Finanzmärkte achten auf Preisstabilität. Und würden sehr skeptisch reagieren», so Junius.
Manche Börsianer relativieren die Bedeutung des Ereignisses generell. Was Politiker vor der Wahl sagten und was sie nach der Wahl umsetzten, sei zweierlei. Von dem her könne sich der Spruch «politische Börsen haben kurze Beine» auch in diesem Fall einmal mehr bewahrheiten.