Bei Grosseinsätzen tausender brasilianischer Sicherheitskräfte in Rio de Janeiro gegen Kriminelle sind am Montag mindestens 13 Menschen getötet worden.
Mutmassliche Kriminelle werden von der Polizei in Rio de Janeiro überführt.
Mutmassliche Kriminelle werden von der Polizei in Rio de Janeiro überführt. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • 4200 Soldaten marschierten in die Favelas ein.
  • Mindestens 13 Menschen starben bei der folgenden Auseinandersetzung.

Unter den Toten waren nach Behördenangaben auch zwei Soldaten. An dem Einsatz in verschiedenen Favelas waren nach Armeeangaben mehr als 4000 Soldaten beteiligt. Menschenrechtsaktivisten zeigten sich besorgt über die Rolle der Armee.

Wie die Armee mitteilte, rückten 4200 Soldaten in die Favelas Penha, Alemao und Maré ein. Unterstützung erhielten sie demnach aus der Luft, vor Ort waren zudem gepanzerte Fahrzeuge. Die verarmten, dicht besiedelten Stadtteile werden zu grossen Teilen von schwer bewaffneten Drogenhändlern kontrolliert.

Sechs Tote in Niteroi

Bei dem Einsatz in den Favelas wurden nach Armeeangaben fünf mutmassliche Kriminelle und zwei Soldaten getötet. Es waren demnach die ersten Verluste auf Seiten der Armee, seit Präsident Michel Temer die Einsätze des Militärs in Rio vor einigen Monaten angeordnet hatte. Sechs weitere Tote gab es im Vorort Niteroi.

Nach Angaben der Militärführung waren nur 70 Polizisten an dem Einsatz beteiligt. Dies könnte auf eine Abkehr vom bisherigen Vorgehen bei solchen Einsätzen hindeuten. Bislang hatte die Polizei die Führung übernommen und war von Soldaten lediglich unterstützt worden.

Die Soldaten entfernten bei dem Einsatz von Drogenbanden errichtete Strassensperren und kontrollierten Autos und Anwohner, wie die Armee mitteilte. Überdies seien Flugblätter verteilt worden, in denen die Bevölkerung zur Zusammenarbeit aufgefordert worden sei.

Laut Polizei wurden allein in Maré 430 Kilogramm Drogen beschlagnahmt. Überdies wurden 24 Waffen und 828 Schuss Munition beschlagnahmt. Es gab 36 Festnahmen. Wie ein AFP-Fotograf berichtete, wurde in Alemao nach einer Demonstration ein Bus in Brand gesetzt.

Drei Verdächtige festgenommen

Bei einer Verfolgungsjagd in Niteroi wurden nach Polizeiangaben zudem weitere sechs mutmassliche Bandenmitglieder erschossen. Vier von ihnen seien vor Ort ihren Verletzungen erlegen, zwei weitere im Krankenhaus. Drei Verdächtige wurden demnach festgenommen. Die Beamten beschlagnahmten unter anderem Sturmgewehre, Pistolen, Handgranaten und Funkgeräte, die in zwei Autos gefunden wurden.

Der Einsatz ereignete sich mitten im Berufsverkehr: Ein Pendlerbus mit 38 Fahrgästen an Bord geriet in den Schusswechsel und wurde von 14 Kugeln getroffen. Dem Nachrichtenportal Globo zufolge wurde ein Fahrgast leicht verletzt.

Armee hat Kommando über Einsätze

Wegen der zunehmenden Gewalt im Zusammenhang mit der Bandenkriminalität in den Armenvierteln von Rio hatte die brasilianische Regierung zuletzt eine härtere Gangart eingeschlagen. Präsident Temer unterzeichnete im Februar ein Dekret, das der Armee das Kommando über die Einsätze übertrug.

Seither war zwar die Polizei weiterhin auf den Strassen im Einsatz, dabei aber der Armee unterstellt. Soldaten konnten als Verstärkung eingreifen. Der Schritt war beispiellos seit dem Ende der Militärdiktatur in Brasilien im Jahr 1985.

Menschenrechtsaktivisten zeigten sich am Montag besorgt über die grössere Rolle der Armee und die Toten. «Wir halten das für sehr schwerwiegend», sagte Silvia Ramos von der Beobachtungsstelle für Intervention. «Sollte sich bestätigen, dass die Toten von Soldaten exekutiert wurden, wäre das eine beunruhigende Veränderung.»

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