Vor vier Jahren versprach Justin Trudeau «sonnige Wege» – nun ist die Liebe zwischen dem einst gefeierten Premier und den Kanadiern nach Skandalen erloschen.
Justin Trudeau
Kanadas Premierminister Justin Trudeau muss bei den Parlamentswahlen um seine Mehrheit bangen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der einst beliebte kanadische Premierminister Justin Trudeau hat an Popularität verloren.
  • Sein Wahlkampfgegner Andrew Sheer ist in Kanada ebenfalls nicht beliebt.

Bei der engen Parlamentswahl in Kanada hat Justin Trudeau einen Vorteil: seinen Herausforderer. Wenige Stunden vor der Öffnung der Wahllokale zeigt sich Justin Trudeau noch einmal von seiner besten Seite. In hautengem T-Shirt, leicht verschwitzt und gut ausgeleuchtet läuft er durch einen Wald und klettert einen Berg in Vancouver hoch.

Es sind perfekt inszenierte Bilder. Trotzdem täuschen sie nicht darüber hinweg, dass die Liebe zwischen den Kanadiern und ihrem Premier erloschen ist. Und dass mit Andrew Scheer ein konservativer Herausforderer bereit steht, der bei der Wahl am Montag die Macht ergreifen will.

Sheer begeistert Massen nicht

Auch Scheer postet ein Video. Auch er läuft durch den Wald – nur langsamer, langweiliger. Der 40-Jährige ist keiner, der die Massen begeistert. Trotzdem wackelt die Mehrheit des einstigen Polit-Superstars Trudeau bedenklich.

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Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, an einer Wahlkampfveranstaltung. - dpa

Die meisten Kanadier seien der Meinung, den Premier besser zu kennen, erklärt Meinungsforscher David Coletto. «Das ist 20 Jahre her und wenn Sie auf seine Karriere als Politiker schauen, sehen Sie, dass es nicht passt.» Trudeau habe Minderheiten aktiv eingebunden.

Justin Trudeau hielt Wahlversprechen nicht

Trotzdem sind viele ernüchtert, dass Trudeau einige seiner Versprechen nicht gehalten hat. Darunter eine Wahlrechtsreform oder ein ausgeglichener Haushalt bis 2019. Kritiker empfinden auch seine Klimapolitik trotz der Einführung einer CO2-Steuer als nicht weitreichend genug.

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Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung. - dpa

Die «sonnigen Wege» mit denen Trudeau Transparenz und Ehrlichkeit versprach, lagen in den vergangenen vier Jahren zu oft im Schatten. «Ich sage immer, er ist zu einem normalen Politiker geworden», meint Coletto. Da kommt dem Premier die Wahlempfehlung vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama sehr gelegen. Der hatte auf Twitter geschrieben, die Welt brauche Trudeaus «progressive Führung».

Sheer geht anderen Weg mit Klima

Einen ganz anderen Weg will Scheer in Sachen Klima gehen. «Die CO2-Steuer hat die Kosten auf die Dinge erhöht, die wir jeden Tag brauchen», wetterte er.

Sein Klima-Programm soll den Kanadiern nicht weh tun. Kritiker halten es für entsprechend wirkungslos. Stattdessen buhlt Scheer beim zweiten grossen Wahlkampfthema – der Angst vor steigenden Preisen – um die Gunst der Wähler.

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Berlin würde Justin Trudeau vermissen. - keystone

Was sich mit einer Regierung unter seiner Führung sonst ändern würde, bleibt in vielen Bereichen unklar. Wirtschaftlich trauen die Bürger den Konservativen traditionell viel zu, doch die Ökonomie boomt ohnehin. Und ob ein Premier Scheer mit US-Präsident Donald Trump besser auskommen würde? Berlin jedenfalls würde Trudeau als verlässlichen internationalen Partner wohl vermissen.

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