Ächz, stöhn, lechz: Die Schweiz steuert auf einen Rekord-Sommer zu. Aber: Offiziell reicht es bei weitem nicht für eine Hitzewellen-Warnung.
So macht man es richtig: Abkühlung mit einer Wasserspritze vor dem Winkelried-Denkmal in Stans NW. So lange es noch Wasser hat.
So macht man es richtig: Abkühlung mit einer Wasserspritze vor dem Winkelried-Denkmal in Stans NW. So lange es noch Wasser hat. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Es ist zwar wärmer als im Rekordsommer 2003, aber zur Hitzewelle reicht es nicht.
  • Denn: Beim Hitzeindex ist auch die Luftfeuchtigkeit massgebend.
  • Meteorologen geben vorläufig Entwarnung. Eine Hitzewelle hätte nämlich drastische Folgen.

Das Wasser geht aus, die Temperaturen sind höher als beim legendären Hitzesommer 2003 und die trockenen Wälder haben verbreitet Feuerwerks-Verbot zur Folge. Trotzdem sprechen die uns beschützenden Behörden nicht von einer Hitzewelle. Dazu braucht es dann schon noch etwas mehr. Eine «richtige» Hitzewelle hätte dann auch drastische Folgen: Stromausfall, Ernteausfälle, Tote.

Heiss allein ist nicht hitzig genug

Massgebend ist das Empfinden, erklärt Kurt Münger, Kommunikations-Chef des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS). «Hohe Temperaturen sind bei tiefer relativer Luftfeuchtigkeit viel besser zu ertragen.». Deshalb greift das BABS auf den Hitzeindex von MeteoSchweiz zurück, der Temperatur und Luftfeuchtigkeit verrechnet.

Der Hitze-Schwellenwert liegt bei 90. Dieser würde zum Beispiel erreicht bei 29°C und 70 Prozent Luftfeuchte. Bei 33°C reichen dann schon 35 Prozent Luftfeuchte. Mit der derzeit trockenen Luft wird es aber schwierig, auf Hitze-Werte zu kommen. Denn: Selbst wenn die Temperatur noch steigt, sinkt dafür die relative Luftfeuchtigkeit in der warmen Luft.

Keine Chance – zum Glück

Es wird wohl auch in den kommenden Tagen nicht für Hitze-Werte reichen, sagt deshalb Meteorologe Daniel Murer von MeteoSchweiz: «Aus jetziger Sicht sind wir nahe dran, aber wir sehen keine Überschreitung, ausser vielleicht mal an einem Tag in Basel.» Für eine «Welle» braucht es aber mehrere aufeinanderfolgende Tage mit einem Hitzeindex über 90.

Der Hitzeindex: Nur Tage mit Werten über 90 zählen, nur mehrere aneinander ergeben dann eine «Welle».
Der Hitzeindex: Nur Tage mit Werten über 90 zählen, nur mehrere aneinander ergeben dann eine «Welle». - MeteoSchweiz

Nicht, dass wir unbedingt auch mal eine Hitzewelle wollten: «Für gewisse Bevölkerungsgruppen wäre dies ein erhebliches Risiko», sagt Kurt Münger vom BABS. Ältere, Kranke, Schwangere, Kleinkinder: «Hitzewellen können auch lebensbedrohlich sein, vor allem infolge von Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen.»

Kein Strom, Strassen kaputt, Ernteausfälle

Folgen der Hitzewelle 2003: Ein ausgetrocknetes Zuckerrübenfeld im Aargau.
Folgen der Hitzewelle 2003: Ein ausgetrocknetes Zuckerrübenfeld im Aargau.
Das sieht ja aus wie in Afrika hier: Kühe stehen 2003 auf dem 2312 Meter hoch gelegenen Albula-Pass im ausgetrockneten See.
Das sieht ja aus wie in Afrika hier: Kühe stehen 2003 auf dem 2312 Meter hoch gelegenen Albula-Pass im ausgetrockneten See.
Hitze kann auch schön sein: Im St. Gallischen Weite bewässern Bauern 2003 ihre Felder – abends, weil das kalte Wasser entweder die Pflanzen sonst schocken würde, oder vorher verdunstet.
Hitze kann auch schön sein: Im St. Gallischen Weite bewässern Bauern 2003 ihre Felder – abends, weil das kalte Wasser entweder die Pflanzen sonst schocken würde, oder vorher verdunstet.
Ein weniger schönes Bild: Ein Fischereiaufseher des Kantons Tessin fischt im August 2003 an Sauerstoffmangel leidende Karpfen aus dem Muzzanersee bei Lugano.
Ein weniger schönes Bild: Ein Fischereiaufseher des Kantons Tessin fischt im August 2003 an Sauerstoffmangel leidende Karpfen aus dem Muzzanersee bei Lugano.

Wenn dann aber mal eine Hitzewelle herrscht, hat dies zum Teil drastische Konsequenzen. Transformatoren überhitzen und fallen aus, die Stromproduktion in AKWs (wegen der hohen Wassertemperatur) und Wasserkraftwerken (wegen Wassermangels) sinkt. Gleichzeitig steigt der Stromverbrauch wegen dem höheren Kühlbedarf.

Die Folge: Ein instabiles Netz und Stromausfälle, erklärt Münger. Auch die Landwirtschaft leidet: Pflanzen und Tiere leiden, Schädlinge und Krankheiten können sich stärker verbreiten. Bei starker Trockenheit kommt es zu Ernteausfällen. Plus: Die Ernte gelangt vielleicht nicht mehr in die Läden, weil Strassen beschädigt und Schienen verbogen sind. Das könnte schon passieren: Alle 30 Jahre rechnet das BABS zum Beispiel mit dem mittel-schlimmen Szenario. Aber nicht diese Woche.

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