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Sébastien Pico erklärt wohin der Weg des EHC Visp führen soll

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Nach schwierigen Jahren verpasste der EHC Visp den Aufstieg in die National League nur knapp. CEO Pico erklärt im SLAPSHOT-Interview den Weg des Klubs.

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Sébastien Pico, CEO beim EHC Visp, erklärt im Interview, wie der Klub wieder in die Erfolgsspur gefunden hat und wohin der Weg nun führen soll. - KEYSTONE / Anthony Anex

Nach schwierigen Jahren ist der EHC Visp zum Erfolg zurückgekehrt, wurde Meister in der Sky Swiss League und verpasste den Aufstieg in die National League nur knapp.

CEO Sébastien Pico erklärt im Interview, wie es zu diesem Turnaround kam und wohin der Weg nun führen soll.

SLAPSHOT: Sébastien Pico, mit ein paar Wochen Distanz: Was überwiegt, die Freude über den Titel in der Sky Swiss League oder der Frust über den verpassten Aufstieg?

Sébastien Pico: Die Emotionen sind positiv. Die letzten Jahre blieben wir unter den Erwartungen, auch den eigenen, und so war der Meistertitel die gute Antwort auf den vor zwei Jahren entschiedenen Richtungswechsel des Klubs.

SLAPSHOT: Das heisst?

Pico: Wir sind zurück zu den Wurzeln gegangen, haben Nachhaltigkeit reingebracht, arbeiten mit den Werten, die uns in der Vergangenheit stark gemacht haben. Aber klar, wenn man eine Liga-Qualifikation spielen kann, will man den Zug nach oben nehmen.

SLAPSHOT: An welche Werte denken Sie?

Pico: Die Erwartungshaltung und der Druck waren da, weil wir in den letzten Jahren und trotz der neuen Halle in der Swiss League Mittelmass waren.

Unsere Challenge war, die Zeit zu finden, um dies zu ändern. Wichtig war, bei den Zuzügen das Profil zu ändern, auf jüngere, hungrige Spieler zu setzen. Und in der Mannschaft wieder einen Kern aufzubauen, der für Visp aufsteht und vorangeht, dass Eigenschaften wie Kampfgeist, Demut, Einsatz auf dem Eis verkörpert werden.

ECH Visp Slapshot
Der EHC Visp wurde Meister in der Sky Swiss League und verpasste den Aufstieg in die National League nur knapp. - IMAGO / Sports Press Photo

Diese Ziele haben wir erreicht, in den letzten zweieinhalb Jahren wurden in allen Bereichen sehr wenige falsche Entscheide gefällt. Ich denke, der Neuaufbau ist gelungen, wir haben eine gesunde Garderobe, eine gute Hierarchie, einen intakten Kern und konnten die Anerkennung des Publikums zurückgewinnen.

Nach dem Meistertitel spürten wir schweizweit eine Unterstützung, dies wohl auch, weil einem Swiss League-Klub das Leben im Kampf für den Aufstieg sehr schwierig gemacht wird.

SLAPSHOT: Die Klubs treten in der Liga-Qualifikation mit ungleichen Speeren an…

Pico: Ich verstehe per se nicht, dass es keinen direkten Auf- und Abstieg gibt. Dazu kommt die Ausländerregelung.

Der Swiss League-Klub müsste bei Transferschluss am 15. Februar Spieler holen, die zuerst nicht mehr spielen könnten, in einem möglichen Final aber wieder funktionieren müssten.

Zudem hat der Oberklassige Heimrecht in der Serie – es ist sehr komplex. Die National League hat wirtschaftlich viel auf sich gezogen, auch etwas zuungunsten des Restes der Pyramide.

In der Swiss League mussten ein paar Klubs bluten, sind wie Langenthal oder Martigny verschwunden.

Es ist wirtschaftlich sehr schwierig. Zudem ist es fragwürdig, wenn Ajoie viermal die Regular Season auf dem letzten Platz beendet und doch immer noch die Möglichkeit hat, in der National League zu bleiben, weil man etwas von den Rahmenbedingungen profitiert.

SLAPSHOT: Bereuen Sie es, für die Playoffs nicht noch einen Ausländer verpflichtet zu haben?

Pico: Wir hatten die Mittel nicht, hätten den Klub in wirtschaftliche Nöte gebracht. Wir haben das Geld eher in Schweizer Spieler investiert, die wir während der Saison holten, wie Rocco Pezzullo, Dean Schwenninger oder Yannick Brüschweiler.

Sie konnten vor der Ligaqualifikation eingesetzt werden. Und ohne sie wären wir vielleicht gar nicht so weit gekommen.

Adam Brodecki
Adam Brodecki (3.v.l.) kämpft um den Punk im Playoff-Spiel gegen den HC Ajoie. - PostFinance/KEYSTONE/Anthony Anex

Der Ausfall von Adam Brodecki gegen Ajoie war dann ein Schlüsselpunkt. Für die Zukunft probiert man, daraus zu lernen. Und ab nächstem Jahr gibt es die Möglichkeit, sich als Meister der Swiss League – wer auch immer das ist – mit Ausländern aus der Swiss League zu verstärken.

Die Perspektiven sind etwas besser. Zurück zu Ihrer Frage: Nein, mit den vorhandenen finanziellen Mitteln würde ich rückblickend nichts anders machen.

SLAPSHOT: Welche Rolle spielte die Tatsache, dass der Abgang von Heinz Ehlers feststand?

Pico: Vielleicht wirkte es etwas befreiend, als alle Parteien die Zukunft kommunizierten. Mit dem Entscheid ist nichts kaputt gegangen, man ist eher etwas gestärkt aus dieser Situation herausgegangen.

Ich bin der Meinung, dass es Zeit gebraucht hat zu verstehen, was Heinz von den Spielern wollte, es war eine Art Kulturwechsel.

In der Garderobe musste eine Leistungskultur implementiert werden, was er definitiv geschafft hat. Aber er verlangt viel von der Mannschaft. Ich halte sehr viel von Heinz, er ist für jede Organisation ein Gewinn.

SLAPSHOT: Weshalb haben Sie Luca Gianinazzi als neuen Coach verpflichtet?

Pico: Es ist ein Prozess. In diesem brauchten wir zuerst jemanden wie Heinz, nun ist der Zeitpunkt da, einen Schritt weiterzugehen.

Es war auch immer die Idee, auf eine jüngere Trainergeneration zu setzen, nachdem wir ja schon Kévin Hecquefeuille als Assistent von Heinz Ehlers verpflichtet hatten.

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Luca Gianinazzi ist neuer Trainer beim EHC Visp. - keystone

Mit dem Umbruch setzen wir vermehrt auf junge, hungrige Spieler, die wir weiter ausbilden wollen.

Das Eishockey hat sich entwickelt, heute kann man mit einem 20-Jährigen nicht mehr reden wie vor 20 oder 30 Jahren.

Gianinazzi war in einem herausfordernden Umfeld fast drei Saisons als Trainer tätig, konnte wichtige Erfahrungen machen – wir sind überzeugt, dass er bestens zu Visp passt.

SLAPSHOT: Auf den Ausländerpositionen setzen Sie weiterhin auf Jacob Nilsson und Adam Brodecki. Weshalb kein Wechsel?

Pico: Im Gegensatz zu Gary Nunn und Jacob Nilsson sind sie sehr komplementär, haben sich sofort gefunden, der eine macht den anderen besser.

Beide leben für Visp, wollten unbedingt bleiben, sind Leader, pflegeleicht, bei den Fans sehr beliebt, haben eine gute Leistungskultur und einen grossen Anteil am Meistertitel, Adam wurde in der Swiss League zum MVP der Playoffs gewählt und Jacob ist vielleicht der intelligenteste Spieler der Liga.

SLAPSHOT: Mittelfristig gehört der EHC Visp in die National League. Einverstanden?

Pico: Es bleibt ein Ziel für uns. Wir wollen und können uns den Aufstieg aber nicht kaufen.

SLAPSHOT: In den letzten Jahren hatte Visp den Ruf, alte Spieler zu holen und zu vergolden…

Pico: Mit der neuen Halle war die Versuchung da, sich teilweise mit Spielern mit grosser Vergangenheit zu verstärken, sich davon blenden zu lassen. Zu diesem Fehler stehen wir.

Wir sind mit diesem Konzept relativ unglücklich geblieben, weil es auch nicht zu unserer DNA passt. Es ist aber nicht einfach, einen Schritt zurück zu machen, dieser wird von den wenigsten verstanden.

Es verkauft sich halt gut, wenn man Namen präsentiert, es fällt auch leichter, Abos zu verkaufen. Dann haben wir uns zum Strategiewechsel entschieden und indem wir zu unseren Werten zurückgefunden haben, die Leute wieder in die Halle geholt.

EHC Visp Heinz Ehlers
Heinz Ehlers war für zwei Saisons Trainer des EHC Visp. - keystone

Wir haben Personen rund um den Klub, die den Aufstieg realisieren wollen. Wir bauen eine Mannschaft auf, die das erreichen will. Mit Spielern, denen wir dann einen Folgevertrag bieten möchten.

Wir legen in der sportlichen Philosophie Wert darauf, in der Swiss League oder vielleicht auch einmal in der National League ein sportliches Projekt zu haben, das mit den Werten einer Randregion überzeugt. Wichtig ist, dass das Projekt die Spieler anzieht und nicht das Geld.

SLAPSHOT: Mit Sierre gibt es im Kanton einen ambitionierten Konkurrenten. Wie verfolgen Sie das Wirken von Chris McSorley?

Pico: Wir können nicht beeinflussen, was in Sierre passiert, so wie wir es früher nicht konnten, als Martigny mit Investoren im Walliser Hockey-Kosmos sehr aggressiv aktiv war.

Wir verfolgen das nun natürlich und sind uns bewusst, dass die Konkurrenz nicht schläft. Aber es ändert an unserer Philosophie nichts.

Sierre hat ein Projekt, das uns herausfordert, und diese Challenge leben wir mit unseren Werten wie Demut und Respekt mit, aber nicht mit Angst.

SLAPSHOT: In welchem zeitlichen Horizont will Visp aufsteigen? Oder anders gefragt: Wie lange kann man Spitzenhockey in der Swiss League finanzieren?

Pico: Das ist eine gute Frage. Schauen Sie La Chaux-de-Fonds an, das sich an der Spitze der Swiss League etablieren konnte – das ist für uns ein gutes Beispiel. Es ist beeindruckend, was La Chaux-de-Fonds in den letzten Jahren geleistet hat.

Ich bin überzeugt, dass Visp in einer ähnlichen Dynamik ist und hoffe, dass der Titel uns nachhaltig etwas bringt. Ein Ziel ist es, dass wir uns an der Spitze der Swiss League stabilisieren und probieren, in den nächsten Jahren den Aufstieg zu schaffen.

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Der EHC Visp nimmt auch in der nächsten Saison den Aufstieg in die National League ins Visier. - National League

Es darf aber kein Weltuntergang sein, wenn Visp nicht in der National League spielt, und ebenso wenig darf es eine Katastrophe sein, wenn man nach einem Aufstieg wieder mal in die Swiss League relegiert würde.

Visp ist ein Klub, der aufsteigen und sich wie andere Klubs aus Randregionen in der höchsten Liga stabilisieren kann, aber auch ein Abstieg und die Swiss League müssen verkraftbar sein.

In unseren Augen braucht es eine Durchlässigkeit zwischen beiden Ligen, und Visp kann in der Swiss League an der Spitze spielen, aber auch ein Underdog beziehungsweise kompetitiver Herausforderer in der National League sein.

SLAPSHOT: Kann man sagen: Das Projekt soll generisch wachsen?

Pico: So ist es. Wir wollen es uns erarbeiten und so wachsen, nicht einfach etwas probieren, mit dem Risiko, viel kaputt zu machen.

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