Keine Gruppe der Säugetiere ist so stark bedroht wie die Lemuren. Die Primaten mit den Kulleraugen gibt es nur auf Madagaskar. Experten schlagen jetzt Alarm.
Lemuren
Die meisten Lemuren-Arten sind akut vom Aussterben bedroht. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Lemuren sind die am stärksten bedrohten Säugetiere weltweit.
  • Experten sprechen von weniger als 250 ausgewachsene Exemplaren in Madagaskar.
  • Das Kernproblem ist, dass ihr natürlicher Lebensraum schwindet.

Es raschelt im Regenwald: In den Baumkronen springen putzig aussehende Goldene Bambuslemuren flink von einem Ast zum nächsten. Dann mampfen die Primaten mit den grossen Kulleraugen ein paar Blätter oder kauen mit ihren spitzen Eckzähnen geduldig an einer Bambus-Stange. Doch die Idylle in dem als Unesco-Weltkulturerbe geschützten Nationalpark Ranomafana im Südosten Madagaskars trügt. Wie die meisten Lemuren-Arten sind auch die Goldenen Bambuslemuren (Hapalemur aureus) akut vom Aussterben bedroht. Von ihnen soll es nur noch weniger als 250 ausgewachsene Exemplare geben – Tendenz sinkend.

Die internationale Artenschutzbehörde IUCN bezeichnet die Lemuren als die weltweit am stärksten bedrohten Säugetiere. Die Tiere kommen nur auf Madagaskar vor der Südostküste Afrikas vor. Das Kernproblem ist, dass ihr natürlicher Lebensraum schwindet. Experten schätzen, dass 90 Prozent der Wälder in dem Inselstaat schon zerstört sind.

In den nächsten 20 Jahren könnten Dutzende Arten aussterben. «Es ist eigentlich schon 5 Minuten nach 12», warnt Professor Peter Kappeler vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen. Auf Madagaskar gibt es rund 110 Arten der pflanzenfressenden Feuchtnasenaffen. Die meisten von ihnen können nicht in Gefangenschaft gehalten werden.

Mensch als grösste Bedrohung

Die grösste Bedrohung für die Lemuren ist die rasch wachsende Bevölkerung Madagaskars. Zwei Drittel der rund 25 Millionen Menschen leben der Weltbank zufolge in Armut. Das gilt auch für die meisten Kleinbauern. Sie setzen seit jeher auf «tavy», ein System der Brandrodung: Die Bauern brennen ein Stück Wald nieder und nutzen das freigewordene Land, um dort Reis oder andere Nutzpflanzen anzubauen. Nach wenigen Jahren hat die Erde jedoch kaum mehr Nährstoffe und die Bauern ziehen weiter. So schrumpfen die Wälder immer weiter.

Gleichzeitig gehören de Lemuren zu Madagaskars wichtigsten Touristenattraktionen. Doch die als korrupt geltenden Behörden setzen selbst bestehende Schutzbestimmungen kaum um. Viele Experten hoffen, dass ein Ausbau des Ökotourismus den Lemuren helfen kann: Je mehr Geld die Primaten den Wald-Anrainern bringen, desto grösser ist die Chance, dass sie die Wälder und Tiere tatsächlich schützen werden.

Ökotourismus alleine wird die Lemuren wohl nicht retten. Es braucht jetzt «drastische Massnahmen» wie beispielsweise Zäune um alle noch bestehenden Wälder.

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