In einem Naturschutzgebiet in der Nähe von Basel starten Biologen ein ungewöhnliches Experiment: Sie siedeln Hochlandrinder und eine urtümliche Pferderasse an. Das soll neuen Lebensraum für seltene Tierarten schaffen.
Auch Wisente könnten dereinst in der Petite Camargue Alsacienne ausgewildert werden. Im Bild eine Wisentkuh in einem Wildgehege im Neandertal. Bild: Wikimedia Commons/Ilion
Auch Wisente könnten dereinst in der Petite Camargue Alsacienne ausgewildert werden. Im Bild eine Wisentkuh in einem Wildgehege im Neandertal. Bild: Wikimedia Commons/Ilion
Eine Konik-Stute mit ihrem Fohlen. Die urtümliche Pferderasse aus Polen lebt bald auch im Naturschutzgebiet bei Basel. Bild: Wikimedia Commons/Ineke Huizing
Eine Konik-Stute mit ihrem Fohlen. Die urtümliche Pferderasse aus Polen lebt bald auch im Naturschutzgebiet bei Basel. Bild: Wikimedia Commons/Ineke Huizing
Solche Schottischen Hochlandrinder kommen in der Natur gut allein zurecht. Die Biologen Valentin Amrhein und Lilla Lovász überwachen sie zwar, greifen aber nur im Notfall ein. Bild: Universität Basel
Solche Schottischen Hochlandrinder kommen in der Natur gut allein zurecht. Die Biologen Valentin Amrhein und Lilla Lovász überwachen sie zwar, greifen aber nur im Notfall ein. Bild: Universität Basel
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein ungewöhnlicher Versuch startet bald im Naturschutzgebiet Petite Camargue Alsacienne bei Basel.
  • Dort werden grosse Pflanzenfresser angesiedelt, zunächst Schottische Hochlandrinder und robuste Konik-Pferde.
  • Später vielleicht auch Wisente. Sie sollen die Vegetation stutzen und so Lebensräume für andere Tierarten schaffen.
  • Diese Entwicklung beobachten Forschende der Uni Basel. Für sie ist das Naturschutzgebiet eine Art riesiges Labor.

Vor fünf Jahren wurde auf einer Rheininsel nördlich von Basel ein Maisfeld von einem Quadratkilometer Fläche umgepflügt. Damit startete eines der grössten Renaturierungsprojekte Mitteleuropas. Auf einem Areal in der Grösse von 140 Fussballfeldern im Naturschutzgebiet Petite Camargue Alsacienne versenkten Bagger die oberste, mit Herbiziden verseuchte Erdschicht im Boden und holten gesunden Kiesboden an die Oberfläche. So entstand aus der einstigen Monokultur ein Nährboden für neues Leben. Inzwischen, fünf Jahre später, ist eine vielfältige Vegetation gewachsen.

Jetzt folgt der nächste Schritt: die Ansiedlung von grossen Pflanzenfressern – zunächst von Schottischen Hochlandrindern und Konik-Pferden, eine robuste, ursprünglich aus Polen stammende Rasse. Diese Tiere sollen die üppige Vegetation einigermassen unter Kontrolle halten. «Würde man nur zuschauen, wäre da in zehn Jahren dichtes Buschland», sagt Valentin Amrhein, Zoologe an der Uni Basel und Leiter der Forschungsstation des Naturschutzgebiets. Er und sein Team haben aber anderes im Sinn: «Wir möchten, dass sich unterschiedliche Lebensräume bilden, sodass sich möglichst viele verschiedene Pflanzen und Tiere ansiedeln.» So soll es nicht nur Wald geben, sondern auch Schilf- und Grasflächen. Dafür muss die Vegetation regelmässig gestutzt werden. Darum siedelt das Naturschutzgebiet diesen Herbst die Hochlandrinder und Konik-Pferde an. Beide Tierrassen sind zwar domestiziert, kommen aber gut alleine zurecht. Ganz ausgewildert sind die Tiere nicht – sie erhalten ein eingezäuntes Gebiet, das etwa ein Drittel der renaturierten Fläche ausmacht. Für den Anfang werden je fünf Rinder und Pferde ausgesetzt. Die Hengste und Bullen sind kastriert, so kann sich die Population noch nicht selbst vermehren. Für später ist das allerdings geplant: In einigen Jahren wollen die Biologen das Gebiet ausdehnen und mehr der Tiere ansiedeln.

Rind und Pferd sollen sich ergänzen

Eine solche Wohngemeinschaft mit Hochlandrindern und den struppigen Konik-Pferden gibt es bisher nur selten. Die Forschenden wollen dadurch herausfinden, ob andere Tiere und Pflanzen durch die Anwesenheit beider Weidetiere profitieren. Denn Rinder und Pferde haben ein unterschiedliches Fressverhalten und deshalb auch einen anderen Einfluss auf ihre Umgebung.

Schon jetzt sind durch das Projekt neue Lebensräume entstanden, die beispielsweise Vogelarten anziehen, die sonst in unseren Breiten selten geworden sind – wie der Flussregenpfeifer oder die Feldlerche. Die Entwicklung dieser Pflanzen- und Tierwelt können die Basler Biologen eins zu eins mitverfolgen. «Im Prinzip haben wir hier ein riesiges Labor in der Natur», sagt Amrhein. Weitere Ideen für die Zukunft hat er schon: So könnte man in dem Gebiet auch Wisente auswildern – die europäische Bison-Variante, die noch bis ins Mittelalter überall bei uns verbreitet war.

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