Warum wir uns mehr ekeln sollten

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Zürich,

Indem sich Menschen angewidert wegdrehen, bleiben sie gesund – denn durch diesen Instinkt vermeiden sie Keime. Gerade in der Grillsaison wäre aber etwas mehr Ekel durchaus angebracht, sagt eine Ekelforscherin.

Der Anblick verschimmelter Lebensmittel ekelt die meisten Menschen an: Mit dieser Reaktion schützen wir uns vor Keimen. Bild: Shutterstock
Der Anblick verschimmelter Lebensmittel ekelt die meisten Menschen an: Mit dieser Reaktion schützen wir uns vor Keimen. Bild: Shutterstock - Community

Das Wichtigste in Kürze

  • Ekel entsteht nicht einfach aus einer Laune heraus – die Reaktion schützt uns vor Keimen und hält uns so gesund.
  • Forscher liessen 2700 Personen viele Situationen nach deren Widerlichkeit bewerten, etwa schimmliges Brot oder Husten.
  • So fanden sie sechs universelle Ekel-Kategorien – in jeder ekeln sich Frauen stärker als Männer.

Ein grüner Flaum auf dem Brot, schimmliges Obst in der Früchteschale oder gar jemand der anderen direkt ins Gesicht hustet – all das ekelt uns unheimlich. Nicht ohne Grund: Mit der angewiderten Reaktion schützen wir uns vor krankmachenden Keimen. Welche Dinge Menschen besonders widerlich finden, haben nun Epidemiologen der School of Hygiene and Tropical Medicine in London untersucht.

Dazu präsentierten sie 2700 Probanden insgesamt 72 Situationen mit Ekelpotenzial: etwa ein Mann, der sich im Schritt kratzt, vollgerotzte Taschentücher auf einem Tisch, eitrige Wunden bei fremden Personen oder klumpige, saure Milch im Frühstücksmüesli. Wie abstossend solche Situationen sind, bewerteten die Versuchsteilnehmer in einem Online-Fragebogen. Als die Forscher die Antworten auswerteten, fanden sie eindeutige Gemeinsamkeiten: So konnten sie sechs universelle Ekelkategorien bilden (siehe Box). Am stärksten ekelten sich die Probanden vor Verletzungen und mangelnder Hygiene. Und: Frauen graute es in allen Kategorien deutlich mehr als Männer.

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Screenteaser - Higgs

Das ergebe Sinn, wenn man die Menschheitsgeschichte betrachte, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Christina Hartmann von der ETH Zürich. «Vor Jahrtausenden wären zu starke Ekelgefühle bei jagenden Männern hinderlich gewesen», sagt die Forscherin. Diese uralten Muster sind offenbar bis heute erhalten geblieben. Bei schwangeren Frauen kann dieser Instinkt sogar über Leben oder Tod entscheiden. So zeigen Studien, dass in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft die Empfindlichkeit für Ekel ansteigt – und genau in dieser Zeit würde eine Infektion das ungeborene Kind gefährden.

Mehr Ekel, bitte

Doch nicht jeder Ekel ist unmittelbar mit einer Gefahr für die Gesundheit verbunden. So ekelt sich Hartmann etwa besonders vor Nacktschnecken, obwohl diese völlig harmlos sind. «Aber unser Gehirn verbindet den Anblick des Schleims mit anderen, möglicherweise gefährlichen Situationen – etwa bakteriell belastete Dinge wie verdorbene Lebensmittel oder Körperflüssigkeiten kranker Personen», sagt die Forscherin. «Die Evolution hat es so eingerichtet, dass wir auf der sicheren Seite sind».

Trotzdem liegt unser Ekel-Instinkt nicht immer richtig. «Teils wäre es für die Gesundheit gut, wenn wir uns noch stärker ekeln würden», sagt Hartmann, «in der Küche etwa sind viele Menschen zu wenig hygienisch.» Denn wer zum Beispiel erst rohes Pouletfleisch schneidet und dann auf demselben Schneidebrett auch noch Gemüse zerkleinert, hat krankmachende Bakterien am Grünzeug. Die Folge: Gerade jetzt in der Grillsaison häufen sich wieder Magen-Darm-Infekte, die eigentlich leicht zu verhindern wären. Hartmann sagt: «Insbesondere bei der Fleischzubereitung kann man fast nicht heikel genug sein.»

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