Etwas Nettes sagen. Das ist oft schwerer, als es sich anhört. Dating-Coach Vanessa Gericke erklärt, wie man Komplimente gekonnt formuliert.
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Ein schönes Kompliment kann nicht nur den Tag eines anderen Menschen verschönern, sondern auch den eigenen. - Christin Klose/dpa-tmn
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Das Wichtigste in Kürze

  • Komplimente machen den Tag schöner – den des Gegenübers, aber auch den eigenen!
  • Scheinkomplimente fallen allerdings schnell negativ auf.
  • Das zieht: Fingerspitzengefühl, Mut und menschliche oder sachliche Anerkennung kombiniert.

Es ist nicht so einfach, Komplimente zu machen. Manche verkneifen sich anerkennende Worte immer wieder: aus Angst, falsch anzukommen, anzuecken oder als Schleimer rüberzukommen.

«Schade» sei das, sagt Vanessa Gericke, psychologische und systemische Beraterin sowie Dating-Coach.

«Dafür bedarf es nur etwas Fingerspitzengefühl.» Sie rät zu mehr Mut mit den netten Worten: Mit einem schönen Kompliment lasse sich nicht nur der Tag seines Gegenübers versüssen, sondern auch der eigene, verspricht Gericke. Im Interview verrät sie ihre Tipps.

Wie verhindere ich, dass ein gut gemeintes Kompliment missverstanden wird? Gerade in der Arbeitswelt will ja niemand in der Nähe einer MeToo-Schublade landen.

Vanessa Gericke: Komplimente in der Arbeitswelt würde ich weniger persönlich halten. Es sollten eher Kompetenz und Leistung gelobt werden. Zum Beispiel: «Mensch, Sie liefern immer Arbeit auf dem höchstem Niveau ab.»

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Komplimente in der Arbeitswelt sollten weniger persönlich gehalten werden, dafür mehr auf Leistung und Kompetenz. - Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-tmn

So ein Kompliment würde ich aber nicht zu inflationär nutzen, eher alle halbe Jahre.

Wer Komplimente im Kollegenkreis macht, achtet besser auch darauf, dass sie geschlechterunspezifisch und ohne Klischees sind – also Männer nicht für Durchsetzungskraft und Frauen für Organisationstalent loben.

Geeigneter sind Komplimente, die auf ein tolles Arbeitsklima abzielen, etwa «Toll, wie du andere motivieren kannst!» oder «Danke, du bist immer so fürsorglich.»

Einer Frohnatur könnte man etwa auch bescheinigen: «Deine gute Laune ist total ansteckend. Die macht mir einen guten Tag.»

Gibt es einen Kollegen, der anderen immer die Tür aufhält, kann man darauf mit einem «Mensch, du bist immer so hilfsbereit» reagieren.

Das sollte allerdings sofort geschehen und nicht fünf Minuten später. Wenn man es nicht sofort ausgesprochen hat, sollte man sich das Kompliment verkneifen und lieber für die nächste Gelegenheit aufheben, sonst kann es zu Irritationen führen.

Wie mache ich fremden Menschen ein schönes Kompliment, ohne dass es plump oder gleich flirty rüberkommt?

Vanessa Gericke: Das alte «Sie haben so schöne Augen, würden Sie mit mir einen Kaffee trinken gehen?» geht gar nicht.

Cappuccino Tasse Holz Herz
In bestimmten Situationen können sogar Herzchensymbole im Cappuccino zu viel sein. - Pixabay

Aber um jemanden ohne Hintergedanken den Tag zu verschönern, kann man auf den guten Geschmack abzielen und dann eine Frage anschliessen.

Warum nicht jemandem in einem Geschäft fragen: «Sie sehen aus, als hätten Sie einen tollen Geschmack, darf ich Sie mal um einen Rat bitten?»

Um einen Small Talk mit einem Kompliment zu beginnen, könnte man auch so vorgehen: «Du hast aber ein tolles Armband. Gibt es da auch eine tolle Geschichte dazu?» oder abgewandelt «Mir ist dein tolles Tattoo aufgefallen. Was hat es denn damit auf sich?»

Was sollte man lieber nicht loben?

Vanessa Gericke: Bei Komplimenten sollte man nichts loben, das jemand genetisch mitbekommen hat. Statt der «tollen blauen Augen» geht man da auch wieder auf den Geschmack oder die Eigenschaften und sagt: «Was du trägst, unterstreicht deine Augenfarbe.»

Oder statt «Sie können aber toll Klavier spielen» kommt folgender Satz besonders an: «Das hat sicher viel Geduld und Hingabe gekostet, dass Sie jetzt so toll spielen können.»

Auch die Körpersprache spielt bei Komplimenten eine Rolle. Während es beim Flirten als Geheimtipp gilt, auch mal wie zufällig den Arm zu berühren, sollte man das lassen, wenn es «nur» um ein Kompliment geht.

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Vanessa Gericke ist als psychologische und systemische Beraterin sowie Dating-Coach in Frankfurt/Main tätig. - Nils L'hoest/Vanessa Gericke/dpa-tmn

In dem Sinne sind weitere No-Gos, dem Gegenüber zu tief in die Augen zu schauen oder auf die Schulter zu klopfen.

Sitzt man an einem Tisch, ist es auch heikel, sich während eines Kompliments zu sehr vor- oder zurückzulehnen. Das Zurücklehnen kann als «Komm, verführ mich!» rüberkommen, das Vorlehnen als «Ich mach gleich was mit dir».

Gibt es Situationen, wo man sich Komplimente lieber verkneifen sollte?

Vanessa Gericke: Ja, wenn es keine echten Komplimente sind. Klassische Scheinkomplimente sind etwa «Du bist so liebenswert und klug. Warum bist du eigentlich noch Single?» oder «Für dein Alter siehst du noch ganz gut aus».

Hüten würde ich mich auch vor dem Satz: «In diesem Kleid siehst du aber schlank aus.»

Noch grenzwertiger ist dieses faule Kompliment: «Ach, ist das ein tolles Kleid. Ich könnte das ja nicht tragen, aber an dir sieht es klasse aus.»

Übersetzt steht das eher dafür, dass es wohl ein schreckliches Kleid ist oder ich eine unattraktive Person: Also ich kann das ja tragen, weil ich eh nicht so toll aussehe.

Bevor man so ins Fettnäpfchen tritt, sollte man immer die Gegenprobe machen: Würde ich das selbst hören wollen?

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