Das Märchen von der Leidenschaft für den Job

Marvin Kahlenberg
Marvin Kahlenberg

Bern,

Es ist ein inflationär genutzter Karrieretipp: «Folge deiner Leidenschaft». Warum das nur bedingt ein guter Rat ist und was wirklich zählt.

Mann, Nachdenklich
Manchmal decken sich Beruf und Leidenschaft, doch deutlich öfter ist eine klare Trennung erforderlich. Das hat seine Gründe. - Depositphotos

Man hört diesen Tipp von Selfmade-Millionären, erfolgreichen Geschäftsleuten und Karriere-Gurus: «Folge deiner Leidenschaft».

In seinem Kern basiert dieser Ratschlag auf dem Gedanken, dass man dadurch im Beruf immer motiviert ist und sich Arbeit nicht als solche anfühlt.

So manchen Teenager, der sich gedanklich bereits in einer Linie mit den Buffets und Musks dieser Welt sieht, dürfte dieser verbreitete Tipp inspiriert haben, dem Weg der eigenen Leidenschaft zu folgen. Das Problem ist allerdings: Allein mit Leidenschaft ist noch nichts gewonnen – ein deutlich differenzierter Blick ist notwendig.

Diskrepanz zwischen Leidenschaft und Fähigkeiten

Leider ist manchmal die Realität deutlich härter als unsere Traumwelt: Viele Menschen tanzen beispielsweise leidenschaftlich gerne. Eine Karriere als Primaballerina im Ballett ist dennoch nur den wenigsten von uns beschieden.

Gärtnerin
Das Hobby zum Beruf machen? Leider klappt das nicht immer. - Depositphotos

Neben der puren Lust, zu tanzen, braucht es hierzu Talent, enorme Disziplin und jahrelanges Training. Lange bevor sich das kritische Publikum am Ende der Vorstellung unter tosendem Applaus erhebt.

Die Wahrheit ist, dass wir noch lange nicht gut in einer bestimmten Sache sind, nur weil wir sie gerne tun. Hinzu kommt die Gefahr, dass wir den Spass an unserem Hobby verlieren, wenn wir dieses zum Beruf machen.

Was hat Potenzial? Wo liegen deine Stärken?

Den eigenen Karriereweg zu finden, ist kein Prozess, der über Nacht stattfindet. Es bedarf gründlicher Überlegung und eventuell sogar einiger gescheiterter Versuche, um herauszufinden, wo die eigenen Stärken liegen.

Natürlich sollte niemandem geraten sein, den Job über das eigene Glück zu stellen, nur weil dieser viel Geld einbringt. Wir sollten uns aber eingestehen, dass Stärken und Leidenschaft zwei unterschiedliche Dinge sind.

Büro, meeting, unterhaltung,
Für viele von uns trifft wohl zu, dass wir gelernt haben, unseren Beruf zu lieben, auch wenn wir ursprünglich andere Pläne hatten. - Depositphotos

Bei genauerem Hinsehen bestätigt sich das auch unter Menschen, die enorm erfolgreich sind: So hat etwa ein Top-Manager die wertvolle Fähigkeit, unter Druck mit klarem Kopf wichtige Entscheidungen treffen zu können. Die Leidenschaft fürs Fischen, Dichten oder Segeln bleibt oft für die Freizeit reserviert.

Anpassungsfähigkeit ist entscheidend

Wichtig zu beachten ist: Der Weg zum Erfolg ist nicht geradlinig und erfordert Anpassungsfähigkeit anstatt starrem Fokus auf Dinge, die wir gerne tun.

Dadurch, dass wir unsere Fähigkeiten immer weiter verbessern und diversifizieren, können wir neue berufliche Perspektiven entdecken. Und mit etwas Glück neue Leidenschaften.

Letztlich gilt: Seiner Leidenschaft zu folgen, ist definitiv ein guter Ansatz. Für nachhaltigen Erfolg braucht es aber deutlich mehr als nur das.

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Kommentare

User #2802 (nicht angemeldet)

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User #3201 (nicht angemeldet)

Tja - nach der Lehre mit nachfolgend ausgeübten "Wunschjobs", schlussendlich der Quereinstieg in ein komplettt anderes Berufsfeld ein wichtiger Auslöser. Nicht nur Mittel zum Zweck = genug verdienen um die Familie zu ernähren. Sondern plötzlich haben neue Umstände auch mehr eigenen Lernwillen und Engagement gefordert. War zwar z.T. echt streng und nicht wirklich Lustig. Aber nach >30 Jahren in der "neuen Branche" bin ich extrem stolz in die Pension. Ich weiss, was ich gelernt und geleistet habe. Aber: ich hatte auch immer (!) die entsprechende Wertschätzung meiner VGs.

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