Von wegen Hypochonder: Das wissen wir über Fibromyalgie
Es tut überall weh, aber eine Ursache scheint nicht bestimmbar? Informieren Sie sich über Fibromyalgie. Gesteigertes Schmerzempfinden ist typisch dafür.

Das Wichtigste in Kürze
- Schmerzen beim Zähneputzen, Lichtausschalten und Lärm: Das sind Symptome für Fibromyalgie.
- Da die Ursachen bis heute unklar sind, ist auch die Diagnose oft nur schwer zu treffen.
- Bessere Lebensqualität gilt gegenwärtig als erwünschtes Behandlungsziel.
Morgens kommen Sie kaum aus dem Bett – weil Ihnen alles wehtut. Aber nicht, weil Sie bei Ihrem Training gestern im Gym eine Runde extra geschmissen haben. Sondern: gefühlt «einfach so». Und zwar schon wochen- bis monatelang.
Wer «einfach so» Schmerzen, und zwar starke, hat, das frühe Aufstehen schwerfällt und überhaupt antriebslos ist, wird gerne in die Ecke der Wichtigtuer bis Hypochonder abgeschoben.

Das ist immer gemein – bei Fibromyalgie aber verstärkt es den Leidensdruck ganz besonders. Denn Schmerzempfinden, und zwar intensiver als normal, ist eines der typischen Symptome dieser Erkrankung.
Halbe Million Menschen in der Schweiz betroffen
Gemäss dem Universitätsspital Zürich sind 1,4 bis 6,6 Prozent der Schweizer Bevölkerung von Fibromyalgie betroffen. Etwa 120'000 bis 600'000 Menschen – mehr als eine Zahl, viele persönliche Schicksale, die Aufmerksamkeit verlangen.
Die Ursachen für diesen Faser-Muskel-Schmerz sind bis heute nicht bekannt.
Die Forschung tappt auf ihrer Suche zwischen biochemischen und neurologischen Störungen, genetischen, biologischen und psychosozialen Faktoren weiterhin im Dunkeln.
Wenn das Leben selbst weh tut
Was man weiss, ist: Menschen mit Fibromyalgie bilden sich ihre Schmerzen nicht ein.
Vielmehr leiden sie unter einer gesteigerten Schmerzempfindung, die mit Veränderungen im Nervensystem zusammenhängt.
Das geht so weit, dass auch Reize wie leichte Berührungen oder Lichtveränderungen oder Stress als Schmerz wahrgenommen werden. Sogar Zähneputzen kann zur täglichen Qual werden.

Eine Wirklichkeit, die die Medizin dazu antreibt, endlich Antworten zu finden. Und Wege zur Behandlung bis Heilung zu eröffnen.
Behandlungsziel: Verbesserte Lebensqualität
Die Tablette, die die Schmerzen endgültig nimmt, ist noch nicht erfunden. Wer auf Fibromyalgie diagnostiziert wird, setzt in der Behandlung am besten multi-modal an. Mehr als um Heilung ist eine verbesserte Lebensqualität das Ziel.
Medikamente und Physiotherapie sind effektive erste Hilfen. Leichtes Ausdauertraining wird von Betroffenen auch langfristig als wirksam geschildert.
Entspannungstechniken oder kognitive Übungen stärken den Geist, um mit der Wirklichkeit der Schmerzen besser umzugehen. Wer ein Schmerztagebuch führt, unterstützt sich selbst in seiner Wahrnehmung darin, echtes Erleben von falscher Erinnerung oder Panikdenken zu unterscheiden.

Und im Alltag hat sich eine Ernährung, deren Fokus auf Entzündungshemmung liegt, als starke Stütze erwiesen.
Mut zur Wahrheit
Fibromyalgie ist ein Beispiel, das zeigt, dass die Wissenschaft bei vielen Themen immer noch in den Kinderschuhen steckt.
Aber auch: Dass eine Krankheit erst dann zu dieser wird, wenn man sie als solche anerkennt.
Das fängt bei den Betroffenen an, die nicht aufgeben, eine Ursache für ihren Schmerz zu finden. Und reicht bis zu denen, die das ernst nehmen und erforschen, obwohl sie selbst nicht betroffen sind.
Mit dieser (Mit-)Menschlichkeit als Basis, ist der erste Schritt zur Heilung schon getan.