Nichts mitkriegen von der Operation – dank Vollnarkose. Vielen macht der künstliche Schlaf Angst, weil er Kontrollverlust bedeutet. Was hilft?
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Körpergrösse, Gewicht, Erkrankungen: Damit die Narkose optimal dosiert werden kann, braucht der Anästhesist vorab viele Informationen. - Marijan Murat/dpa/dpa-tmn
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Das Wichtigste in Kürze

  • In einer Narkose gibt man die Kontrolle ab – dann Angst zu haben, ist häufig und normal.
  • Hilfe kann das Vorgespräch mit dem Narkosearzt bringen, in dem man Vertrauen aufbaut.
  • Der Anästesist überwacht mit Unterstützung von Geräten stets das Gelingen des Eingriffs.

Gleich vorneweg gesagt: Wenn vor einer Narkose Angst hochkommt, ist das ganz normal. «Ich verstehe das sehr gut», sagt Prof. Frank Wappler, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin in Köln.

Schliesslich gebe es kaum eine andere Situation, in der man so wenig Einfluss habe.

Wappler kennt die Sorgen, die viele Patienten vor einer Operation haben. Was, wenn ich nicht wieder aus der Narkose aufwache – oder ich währenddessen nicht richtig weg bin?

Der Kontrollverlust schüchtert ein

Vor allem aber ist es die Angst vor dem Kontrollverlust, sagt Irmgard Pfaffinger. Sie ist die Vorsitzende des Berufsverbandes der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

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Ein Vertrauensverhältnis ist die beste Basis für eine gute Arzt-Patienten-Beziehung. - Pixabay

«Ich bin einem anderen Menschen völlig ausgeliefert. Ich kann noch nicht einmal selbst atmen und muss mich darauf verlassen, dass der Anästhesist mich richtig beatmet.»

Ängste beschleichen vor allem Menschen, denen ihre erste Narkose bevorsteht. «Für die ist es etwas komplett Neues und eine gewisse Angst vor etwas Neuem hat jeder von uns», sagt die Psychosomatikerin.

Im Vorgespräch Vertrauen aufbauen

Ein Weg aus der Angst ist daher, Vertrauen zu fassen. Eine gute Gelegenheit ist das Vorgespräch mit dem Anästhesisten, das es vor jedem Eingriff gibt.

Idealerweise lernt man dann schon die Person kennen, die die Narkose im OP-Saal auch durchführt. Das ist organisatorisch allerdings nicht immer möglich, weiss Pfaffinger, die selbst als Anästhesistin gearbeitet hat.

«Dann muss dieses Vertrauen auf den anderen übertragen werden.»

Ganz wichtig: Im Vorgespräch dürfen Patienten alles fragen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Und auch der Anästhesist will vieles wissen.

Zum Beispiel Körpergrösse, Körpergewicht, Allergien, Erkrankungen. Diese Informationen sind wichtig, damit die Narkosemittel optimal dosiert werden können.

Besser keine Horror-Beiträge im Internet lesen

Ausserdem erläutern die Anästhesisten im Vorgespräch alle Narkoseschritte. Was passiert genau, wann passiert es, welche Nebenwirkungen kann es geben? Frank Wappler ist sich sicher: Das ist der erste Schritt zum Vertrauen.

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Auf ein Schmerzmittel folgt ein Schlafmittel: So läuft heutzutage in der Regel eine Anästhesie ab. - Pixabay

Wer gut informiert sei, könne im Vorfeld und am Tag der Operation deutlich entspannter sein. Das bestätigt auch Psychosomatikerin Pfaffinger: «Wenn ein Patient vorher genau weiss, was passiert, und es dann auch so abläuft, ist das beruhigend.»

Wenig hilfreich sind dagegen unseriöse Artikel im Internet, in denen es um Narkosevorfälle geht.

Beruhigung finden kurz vor der OP

Haben Patienten grosse Ängste, sollten sie das im Vorgespräch ansprechen. Anders als früher wird heute nicht mehr generell ein Beruhigungsmittel verabreicht. Wer sich aber ein solches wünscht, bekommt das auch.

Und: Anästhesisten haben ihre Tricks, um vom Narkose-Geschehen abzulenken – etwa durch einen geschickten Smalltalk.

«Aus dem Gespräch heraus machen wir die Narkose», sagt Wappler, der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin im Krankenhaus Köln-Merheim ist.

Erst das Schmerzmittel, dann das Schlafmittel

Der Anästhesist ist dabei ausschliesslich für die Narkose da. Er gibt zunächst ein Schmerzmittel, auf das dann ein Schlafmittel folgt. Je nach Grösse der Operation kommt auch ein Mittel zur Muskelerschlaffung zum Einsatz.

Die Sorge, vielleicht unbemerkt doch etwas mitzukriegen, kann Wappler den Patienten nehmen: «Wir streichen demjenigen über die Wimpern und schauen, ob er noch blinzelt.»

Wenn es keinen Blinzelreflex mehr gibt, könne man sehr sicher sein, dass der Patient tief und fest schläft.

Nachsteuern ist sofort möglich

In dieser Phase, die man nicht mehr mitbekommt, wird auch die Beatmung übernommen. Geräte prüfen regelmässig Werte wie Blutdruck, Herzfrequenz oder Sauerstoffsättigung und alarmieren rechtzeitig.

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Mensch und Messgeräte behalten alles im Blick: Während des Eingriffs ist der Patient unter genauer Beobachtung. - Florian Schuh/dpa-tmn

Und auch der Anästhesist die ganze Zeit wachsam. «Fängt jemand an zu schwitzen, weil er zu wenig Flüssigkeit oder aber Stress hat, kann ich sofort nachsteuern», beruhigt Wappler.

Auch wenn sich erst mal keiner eine Operation wünscht, plädiert er dafür, die Narkose als Segen der modernen Medizin zu sehen.

Und Mut macht er Ängstlichen mit einer Erfahrung, die gar nicht mal so selten sei: «Es gibt Patienten, die wachen auf und sagen: ‹Ich habe noch nie so entspannt geschlafen wie jetzt!›»

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