Alexandra Lüönd: An diesem Abend verlor ich meine Gymi-Kollegin
«Heute habe ich ein grosses Netzwerk. Aber habe ich wirklich enge Freunde?», fragt sich unsere Kolumnistin Alexandra Lüönd.

Das Wichtigste in Kürze
- Alexandra Lüönd schreibt eine monatliche Kolumne über Beauty-Themen.
- Heute schreibt sie über alte Freundschaften – und wie es ist, Menschen zu entwachsen.
- Lüönd ist Gründerin der Beauty2Go-Kliniken.
Ich bin am 40. Geburtstag einer sehr guten Freundin im Kaufleuten in Zürich. Ich fühle mich glücklich, es läuft gute Musik, alle sind gut drauf. Der Club ist voll. Plötzlich kommt eine langjährige Freundin, die ich seit dem Gymnasium kenne, zu meiner Begleitung. «Sie ist eine Schande für alle Frauen. Sie sieht nur noch fake aus», sagt sie über mich.
Das passiert hinter meinem Rücken von jemandem, dem ich vertraut habe. Nach über 20 Jahren.
Wir reden heute zwar über sogenannte «Red Flags» beim Dating. Über «Gaslighting» hier und «Love Bombing» da. Verletzungen passieren aber nicht nur in Beziehungen. Sie passieren genauso in langjährigen Freund- und Bekanntschaften. Und in meinem geschilderten Fall leider auch da, wo man es am wenigsten erwartet. Und vor allem dort, wo Erfolg ins Spiel kommt!
Denn: Erfolg verändert Dynamiken schneller, als wir es wahrhaben wollen. Und nicht jede Person hält Wachstum aus. Schon gar nicht, wenn man mit dem eigenen Leben unzufrieden ist.

Sticheleien kommen von Frauen
Ich habe das besonders als Frau erlebt. Je sichtbarer ich als erfolgreiche Unternehmerin wurde und je mehr Verantwortung ich übernahm, desto mehr Distanz spürte ich ausgerechnet von Frauen.
Männer laden mich ein, geben Raum, diskutieren mit mir auf Augenhöhe. Von Frauen dagegen kommen oft kleine Sticheleien.
Mein Umfeld hat sich verschoben
Ich weiss natürlich, was sie triggert. Es ist mein femininer Look, meine Selbstbestimmtheit – und auch die Branche, in der ich tätig bin. Für mich ist Ästhetik ein Akt der Emanzipation. Für viele ist es ein Trigger, weil sie mir das Gefühl geben möchten, ich hätte meinen Erfolg nicht verdient, sondern «erspritzt».
Gleichzeitig habe ich gemerkt, wie stark sich mein Umfeld verschoben hat. Ich will über Business reden, Internationalität, Märkte, KI, Politik oder Investments. Es ist wohl völlig normal, Menschen zu entwachsen. Wir sagen es nur nie laut, weil es ungemütlich klingt.
Heute habe ich ein grosses Netzwerk. Aber habe ich wirklich enge Freunde? Das sind vielleicht fünf Menschen: Die Unternehmerin, die meine Leidenschaft versteht. Männer, die nicht in Konkurrenz gehen. Menschen, die mein Wachstum wollen – nicht meinen Stillstand. Der Rest sind Bekannte. Und das ist vollkommen okay.
Und ja, ganz ehrlich: Wachstum bringt auch Einsamkeit.
Die Gesellschaft liebt Underdogs, bis sie keine mehr sind. Sie feiern deine Story. Aber sobald du einen Jet hast, hassen sie dich dafür. Gerade in der Schweiz ist das leider so.
Loyalität ist eine Haltung
Ich kann heute über diesen Abend im Kaufleuten sprechen, ohne traurig oder wütend zu werden. Nicht, weil es harmlos ist – sondern weil er mir gezeigt hat, dass Loyalität keine Frage der Dauer ist, sondern der Haltung.
Die Ironie an der ganzen Geschichte? Genau diese Kollegin hat mich jahrelang um Gratis-Behandlungen in meinem Unternehmen gebeten. «Fake» schimpfen, aber gleichzeitig profitieren wollen. So durchschaubar ist Missgunst manchmal.

Wie bei einer Beziehung kann das Ende auch bei einer Freundschaft eine Befreiung sein. Und den Horizont erweitern. Je früher man das akzeptiert, desto leichter wird das Leben.
Dafür bin ich meiner alten Gymi-Kollegin dankbar. Ich wünsche ihr weiterhin nur das Beste.
Zur Autorin
Alexandra Lüönd ist eine führende Unternehmerin im Beauty- und Medical-Retail. Als Gründerin der Beauty2Go-Kliniken sowie «Brows & Brows» schuf sie die grössten Ästhetik-Ketten in der Schweiz. Mit «Brows & Brows» revolutioniert sie die PMU-Branche. Die 38-Jährige schreibt regelmässig Kolumnen für Nau.ch.








