Am heutigen Welternährungstag lohnt sich ein Blick auf die globale Ernährungssituation. Woran liegt es, dass nicht alle genug zu essen haben?
Nicht alle haben gleich guten Zugang zu Nahrung.
Nicht alle haben gleich guten Zugang zu Nahrung. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 16. Oktober ist der Welternährungstag der Uno.
  • Die Zahl der Hungerleidenden steigt seit einigen Jahren wieder.
  • Die Gründe dafür sind unterschiedlich und vielschichtig.

Heute ist der Jahrestag der Welternährung. Er wurde 1979 eingeführt, weil am 16. Oktober 1946 die FAO, die Ernährungsorganisation der UNO, gegründet wurde. Sie hat seither den Auftrag, die weltweite Ernährung sicherzustellen.

Die Vereinten Nationen sprechen von chronischem Hunger, wenn täglich weniger als 8800 kJ, also 2100 kcal zur Verfügung stehen. Herr und Frau Schweizer nehmen durchschnittlich pro Tag 3465 Kalorien zu sich. Hunger, der durch akute Hungersnöte aus Naturkatastrophen oder Konflikten entsteht, ist davon ausgeschlossen.

Jeden Tag sterben 24'000 Menschen an Hunger. Die Zahl ist seit den 2000er Jahren gesunken, steigt jedoch in den letzten drei Jahren wieder an.
Jeden Tag sterben 24'000 Menschen an Hunger. Die Zahl ist seit den 2000er Jahren gesunken, steigt jedoch in den letzten drei Jahren wieder an. - Nau

Verschiedene Ursachen

Der Hunger hat unterschiedliche Ursachen. Klar ist: Es gibt genügend Nahrungsmittel, doch diese werden ungleich verteilt. Der Schweizer Ex-Nationalrat und Globalisierungskritiker Jean Ziegler brachte diese Tatsache auf die Formel: «Jedes Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.»

1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr im Abfall. Das ist etwa das Vierfache von dem was nötig wäre, um alle hungrigen Mäuler der Welt zu stopfen. Allein die 300 Millionen Tonnen aus den Industriestaaten würden dazu reichen.

In den letzten Jahren nimmt die Zahl der Hungernden wieder zu.
In den letzten Jahren nimmt die Zahl der Hungernden wieder zu. - Wikimedia

Es gäbe für jeden Menschen 1 Kilogramm Reis pro Tag

Einfach verteilen lässt sich der Überschuss jedoch nicht. Denn: Oft liegt der Hund in den lokalen politischen und ökonomischen Gegebenheiten begraben. Nahrungsmittelspekulationen führen besonders in Entwicklungsländern zu Preisschwankungen – dort, wo Menschen bis zu 70 Prozent ihres Einkommens für Nahrung ausgeben.

Für Colette Kalt von Fastenopfer Schweiz ist deshalb klar: «Die Ressourcenverschwendung geschieht im globalen Norden. Leidtragende aber sind die Menschen im globalen Süden. Die Schweiz verbraucht pro Jahr 3,3 Mal mehr Ressourcen als ihr gemessen an allen Menschen zustehen würde.»

Die meisten der Hungerleidenden leben in Entwicklungsländern.
Die meisten der Hungerleidenden leben in Entwicklungsländern. - Nau

Freihandel führt zu Abhängigkeit

Viele der Hungernden sind selbstversorgende Kleinbauern, die aus Armut mehr verkaufen müssen, als sie selbst bräuchten. Dazu besteht stets das Risiko, dass der Ernteertrag oder die Preise fallen. Collette Kalt von Fastenopfer Schweiz nennt gegenüber Nau die Landenteignung als weiteren Grund. «Mehr und mehr wird Kleinbäuerinnen und -bauern Land weggenommen, auf dem sie Nahrung für den eigenen Gebrauch, aber auch einen kleinen Überschuss anpflanzen konnten, der ihnen wiederum ein Einkommen sicherte.»

Von den 795 Millionen Hungernden leben über 500 Millionen in Asien.
Von den 795 Millionen Hungernden leben über 500 Millionen in Asien. - Nau

Zudem sind viele Länder des Südens stark exportorientiert. 2001 waren 95 Prozent aller Exporte von Guinea-Bissau Cashewnüsse, 76 Prozent von Burundi Kaffee. Preisschwankungen der entsprechenden Produkte haben unmittelbare Konsequenzen für Cashew- oder Kaffeebauern.

Hinzu kommt der von Industriestaaten angestrebte Freihandel. Sie können so mit ihren subventionierten und daher billigen Exportprodukten in Entwicklungsländer und lassen dort die Preise erodieren. Länder können so stark abhängig von Importen werden. Beispiel: Mexiko produzierte Mais für ganz Lateinamerika, muss heute jedoch über die Hälfte seines Maisbedarfs aus den USA importieren.

Die Lebensverhältnisse der von Hunger betroffenen.
Die Lebensverhältnisse der von Hunger betroffenen. - Nau

«Was isch es Sändwitsch ohne Fleisch, s’isch nüt als Brot»

Der weltweite Fleischkonsum steigt. Und Vieh ist hungrig, in Deutschland frisst es bereits mehr als die Hälfte der Ernte. Zudem wird auch in der Schweiz Kraftfutter importiert. Die dafür nötigen Sojabohnen werden vor allem aus Südamerika importiert. Auf einer Fläche viermal so gross wie die Schweiz wird dort Soja angebaut – häufig auch auf Kosten des Regenwaldes. In den Worten des Fleischatlas 2013: «Durch eine Senkung des Fleischkonsums könnten große Anbauflächen und Getreidemengen zugunsten der menschlichen Ernährung genutzt werden statt für die Viehmast.»

Weltweit wird etwa ein Drittel der Getreideernte zur Mästung von Nutztieren verwendet. Eine schlechte Investition: 90 Prozent der Kalorien gehen dabei verloren und sind damit für die menschliche Ernährung nicht mehr nutzbar.

Hunger und Unterernährung sind vor allem für Kinder fatal.
Hunger und Unterernährung sind vor allem für Kinder fatal. - Nau

Was kann ich denn schon tun?

Colette Kalt rät, sparsam mit den Ressourcen umzugehen. Zudem: «Weniger fliegen, Zurückhaltung beim Konsum ganz allgemein üben und gerne auch mal ein Projekt unterstützen, das in Afrika, Asien und Lateinamerika Menschen dabei unterstützt aus eigener Kraft Wege aus dem Hunger zu finden.»

Wegen des Bevölkerungswachstums wird sich der Bedarf an Nahrungsmitteln weiter erhöhen. Gleichzeitig wird die Produktion aufgrund des Klimawandels schwieriger. Bis Ende des Jahrhunderts sollen deshalb gemäss US-Forschern 50 Prozent der Weltbevölkerung von Hunger bedroht sein.

Die Hunger-Karte zeigt an, wo die Menschen eher unterernährt sind.
Die Hunger-Karte zeigt an, wo die Menschen eher unterernährt sind. - Wikimedia
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